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Kultur: Sogar die Galerie, die ihn vertritt: Neue Arbeiten des Berliner Künstlers in der Galerie Neu

Sie liegt etwas abseits in der Nähe der Charité, aber strategisch günstig zwischen Hamburger Bahnhof und Auguststraße: die neue Galerie Neu. Der holzverkleidete, containerartige Bau mit den zwei offenen Räumen wirkt innen mit seinem milchigglasartigen Hochglanzboden neutral und zweckmäßig.

Sie liegt etwas abseits in der Nähe der Charité, aber strategisch günstig zwischen Hamburger Bahnhof und Auguststraße: die neue Galerie Neu. Der holzverkleidete, containerartige Bau mit den zwei offenen Räumen wirkt innen mit seinem milchigglasartigen Hochglanzboden neutral und zweckmäßig. Das weithin sichtbare Signet auf dem Dach entwarf der Berliner Künstler Daniel Pflumm.

Er zeigt in jedem der beiden Räumen nur ein Werk: ein Video und einen Leuchtkasten (beide Auflage 5, je 5000 Mark). Der Leuchtkasten mit den hell- und dunkelblauen Streifen basiert auf dem Firmenlogo der Hamburg-Mannheimer Versicherung und war bereits in Pflumms erster Ausstellung in der Galerie Neu und im Hamburger Bahnhof zu sehen. Das Video "Neu" hingegen hält, was der Titel verspricht. Pflumm ist in der Kunst- wie in der Technoszene gleichermaßen ein Shootingstar. Seine Clubs "Elektro" und "Panasonic" sind Legende. Logos namhafter Firmenkonzern wurden Pflumms Markenzeichen. Zunächst druckte er sie unverändert auf T-Shirts. Nicht nur damit erwies er sich als Trendsetter. Die Logos erschienen auf den Covers der eigenen CD-Produktionen, parallel entstanden Videoclips. Für sie sampelte Pflumm Werbefilme. Er entwickelte eine neue visuelle Sprache, eine Second Hand-Techno-Warenästhetik, als Techno selbst noch keine kommerzielle Massenware war. Inzwischen neutralisiert Pflumm die von ihm benutzten Trademarks. 1997 erhielt er den Kunstpreis des Bundes Deutscher Industrie, seitdem hat er alle Schriftzüge aus seinen Arbeiten verbannt. Die Logos erscheinen auf ihre minimalistische Essenz reiner Form- und Farbkombinationen reduziert. Was bleibt, ist die inhaltsleere Hülle einer Zeichenhülse.

Alles perlt, alles sprudelt in Pflumms septemberfrischen Video. Zu sehen sind Tabs und wieder Tabs. Woher kommt seine Vorliebe für diese kleinen Dinger, deren Auflösung sich am Computer so ästhetisch ansprechend in bewegte Bilder umsetzen läßt? Für Pflumm repräsentieren sie den Inbegriff von Fortschritt und Neuheit in der Reklame: "Ich habe mir in letzter Zeit jede Menge Werbungfilme reingezogen, da war das Phänomen nicht zu übersehen. In der Werbung ist ein regelrechter Tabs-Wahn ausgebrochen". An Weichspüler geizt er nicht in seinem wunderbaren Waschsalon für alles und nichts. Flaschen und Behältern drehen sich schwerelos um die eigene Achse. Pflumms Abziehbilder von Werbesequenzen brillieren durch den verführerischen Schmelz einer Existenz ohne Eigenschaften. Er jongliert dabei äußerst geschickt mit dem hohen Wiedererkennungseffekt kleinster Werbepartikel. Er muß neben Allerwelts-Deoflaschen nur eine weiße Flaumfeder herabschweben lassen. Schon weiß jeder, um welche Marke es sich handelt.

Das kommt an, in jeder Hinsicht: Pflumm ist international ausgesprochen gefragt. Derzeit nimmt er an der Ausstellung "Kraftwerke Berlin" im dänischen Aarhus teil. Im Oktober wird er bei einer Überblicksschau zur jungen deutschen Kunst im Kunstmuseum Wolfsburg und einem Projekt in Athen dabei sein. Seine Einladung zu "Children of Berlin" ins New Yorker PS 1 hat er auch schon in der Tasche.Galerie Neu, Philippstraße 13, bis 26. September; Dienstag bis Sonnabend 11 - 18 Uhr.

Elfi Kreis

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