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Souveniers: Kirchner zum Anspitzen

Früher kauften die Leute Devotionalien, wenn sie an einen Ort mit sakraler Ausstrahlung kamen. Heute erwerben sie Taschenspiegel, Buntstifte und Radiergummis, auf denen Motive der Brücke-Künstler verewigt sind.

Berlin, das ist schließlich auch ein außergewöhnlicher Ort. Dazu war es die Hochburg der Expressionisten, und so hat sich das Münchner Auktionshaus Ketterer für seine Dependance in der Fasanenstraße einen Fanshop als „neues Paradies“ ausgedacht: den einzigen Kirchnershop im Land.

Das Sortiment umfasst Magnete, Fußmatten und Handtücher. Während man also Motive des Künstlers mit Füßen treten kann, finden sie alternativ im heimischen Badezimmer Platz. Hatte Kirchner nicht eine malerische Affinität zu Gewässern? Den Gürtel „Fliegende Menschen“ gibt es für 108 Euro, und wer noch ein wenig wartet, der kann sich ab Herbst komplett in die Kleiderkollektion „Gerda“ hüllen, die von einem 1914 entstandenen Bildnis inspiriert wurde. Es hagelt also Fanartikel, und vielleicht ist das ein bisschen viel fürs Paradies, das eigentlich ein Ort der Schönheit sein soll. Keine Shopping-Mall. So entpuppt sich der himmlische Ort am Ende als ziemlich profan – eine Kaufhölle, in der man verführt werden soll. Zum Trost nimmt man sich einen Bleistift mit. Der verschwindet bei täglichem Gebrauch ganz rasch. cmx

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