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SPIEL Sachen: Bonjour Tristesse

Nichts rückt die bürgerliche Kleinfamilie so nachhaltig ins milde Kerzenlicht wie die Vorweihnachtszeit. Nun soll es aber auch Menschen geben, für die der gesamte Dezember genau wegen dieser familiären Zwangsfeierlichkeiten der blanke Horror ist.

Nichts rückt die bürgerliche Kleinfamilie so nachhaltig ins milde Kerzenlicht wie die Vorweihnachtszeit. Nun soll es aber auch Menschen geben, für die der gesamte Dezember genau wegen dieser familiären Zwangsfeierlichkeiten der blanke Horror ist. An solche Betroffenen richtet sich die Truppe unitedOFFproductions jetzt mit einer Art theatralem Hilfsprogramm: In ihrer Inszenierung „Das letzte Abendbrot“ wird nämlich dankenswerterweise in Erinnerung gerufen, dass der traute Familienkreis nicht nur Hort selbstloser Liebe ist, sondern auch Kämpfe unter Geschwistern, therapeutische Familienaufstellungen und Arbeitnehmerinnen wie die „Super-Nanny“ hervorbringt. Gemeinsam mit seinem Ensemble versammelt Regisseur und Autor Dieter Krockauer im Theater unterm Dach (Mi 15. 12. bis Fr 17. 12., 20 Uhr) zunächst Alternativentwürfe zur klassischen Kleinfamilie: Alleinerziehende oder gleichgeschlechtliche Elternpaare kommen ebenso zu Wort wie Patchworkfamilienmitglieder, Kinderlose oder Verfechter spezieller Mehrgenerationenprojekte. UnitedOFFproductions bedient sich dabei auch dokumentarischer Methoden: Per Videoscreen oder live auf der Bühne des charmanten Prenzlauer-Berg-Theaters berichten Menschen aus dem Umfeld der Truppe aus ihrem Leben. „Sie erproben sich in jeweils neuen familiären Geflechten, loten Belastungsgrenzen unter den Beteiligten aus und treten der jeweils drohenden Tristesse des Scheiterns mit Offenheit und Mut zum abrupten Rollenwechsel entgegen“, versprechen die Theatermacher.

Derart emanzipiert, können Patchworkeltern mit ihrem Nachwuchs, Kinderlose mit ihren Nichten und Neffen oder auch traditionelle Kleinfamilien dann die weihnachtstypische Lektion von Nächstenliebe und Solidarität, die die Schaubude für sie parat hält, vielleicht in einem neuen Licht sehen. Zumal die Lehrstunde in einem Puppen- und Figurentheater wirklich wunderschön verpackt ist: Für alle ab vier zeigt das Figurentheater Ute Kahmann unter der Regie von Tilmann Harte das Grimm’sche Märchen vom „Sterntaler“ (Sa 11. 12. & So 12. 12., 15 Uhr), jenem selbstlosen Mädchen, das noch den letzten Brotkanten und das eigene Kleid an Bedürftigere weitergibt. Und dass einem für derartige Heldentaten am Ende lauter Sterne in den Schoß rieseln, mag man ja wenigstens zu Weihnachten gern glauben.

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