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SPIEL Sachen: Damit ich dich besser fressen kann!

Christine Wahl über böse Wölfe und rote Käppchen

Da geben Geisteswissenschaftler alles, um unsere Sehnsucht nach Märchen tiefenpsychologisch aufzudröseln – und dann das: Einer Umfrage des Literaturmagazins „Bücher“ zufolge kennen mehr als die Hälfte aller erwachsenen Bundesbürger so prominente Psycho-Muster wie „Hänsel und Gretel“ gar nicht! Beim „Rotkäppchen“ sieht es noch düsterer aus: Der durchaus identifikationsträchtige Charakter, der bei der erstbesten Gelegenheit vom rechten Wege abkommt, ist weniger als jedem Dritten bekannt. Diesen Bildungsnotstand hat das Hexenkessel Hoftheater, das sonst mit sommerlichen Shakespeare-Open-Air-Inszenierungen aufwartet, erkannt und sein saisonales Angebot ausgeweitet: Vom 1.12. bis 29.2. gibt es am angestammten Spielort im Monbijoupark, auf dem Bunkerdach vis-à-vis Bode-Museum, in der Märchenhütte (www.maerchenhuette.de) dramatische Crashkurse: Zwei Märchen werden pro Stunde vorgestellt; nachmittags für Kinder, abends für Erwachsene. Erste Lektion: „Rotkäppchen“ und „Hänsel und Gretel“ am 1.12. um 22 Uhr.

Wenn es schon bei den Grimmschen Märchen so trübe aussieht: Welchen Platz hätte dann wohl E.T.A. Hoffmanns „Nussknacker und Mausekönig“ belegt? Das verdiente Projekt Kinder tanzen für Kinder, das Felicitas Binder vor zehn Jahren an der Deutschen Oper ins Leben rief (und das mit der Schwanensee-Premiere am 13.12. um 18 Uhr sein Jubiläum feiert), legt allerdings nahe, dass der Nachwuchs ungleich fitter ist als seine Eltern. Die Ballettschüler jedenfalls, die am 6.12. um 11 Uhr im Nussknacker tanzen, scheinen beim Aufbruch ins Süßigkeitenland keine inhaltlichen Defizite zu kennen. Allen voran die erst 12-jährige Elena Feuß als Clara. Recht so, dass der Nikolaus die gute Allgemeinbildung am Ausgang mit hehren Gaben belohnt!

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