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SPIEL Sachen: Eisbären und Packeis für i-Dötze

Berliner Kindertheater erinnern daran, was fürs Leben zu lernen ist.. Christine Wahl setzt auf geistige Nahrung statt Gemüseschultüten.

Wenn dieses Wochenende in Berlin Tausende Erstklässler eingeschult werden, darf man davon ausgehen, dass sie bereits alles über ergonomische Lernmöbel, stützapparatfreundliche Ranzen und vitaminreiche Pausenkost wissen. Eine Supermarktkette griff sogar vorbeugend den Krankenkassen unter die Arme, indem sie jedem Schulanwärter gegen Vorlage entsprechender Nachweise eine ernährungstechnisch korrekte Obst- und Gemüseschultüte spendierte.

Vor diesem Hintergrund ist man fast beruhigt, dass die Berliner Kindertheater auf Dramen mit gut gelaunten Vitaminen in den Hauptrollen verzichten und stattdessen daran erinnern, was sonst noch so fürs Leben zu lernen ist. So widmet man sich im Theater an der Parkaue der hoch komplexen Frage, inwiefern Sehnsucht an quantitative Kategorien gekoppelt ist. Fühlt es sich schlimmer an – so wird in Peer Wittenbols niederländischem Seefahrermythos „Die Schutzhütte“ (heute 10 & So. 16 Uhr) erörtert – eine 150 Kilogramm schwere Frau zu vermissen oder den gänzlich schwerelosen Geruch von Apfelpfannkuchen? Wenn das kein intellektuelles Einfallstor für designierte Philosophen ist! Zumal die Legende um den großen Entdecker Willem Barents, dem es im Winter 1596/97 als erstem Europäer gelang, in der Arktis zu überwintern, auch gleich noch reichlich naturwissenschaftlichen Input bietet: Eisbären und Schiffe, die im Packeis im Nordpolarmeer feststecken, treten hier als Hauptakteure auf den Plan.

Nicht minder anspruchsvoll – und ebenfalls mit hehrem philosophischen Gedankengut ums Immaterielle beschäftigt – präsentiert sich das Orphtheater zum Schulanfang: Katharina Schlenders Stück „Der Fahrstuhl zur Treppe“ (heute 9 & 11, Sa./So. 15 Uhr) porträtiert einen neunjährigen Jungen namens Udo, der das laute Tamtam, das wir gelegentlich mit dem Leben verwechseln, außergewöhnlich schlecht erträgt. Auf seiner Suche nach Stille verschlägt es den frühkindlichen Bewusstseinsforscher natürlich schnell in die Welt der Träume. Bleibt die spannende Frage, ob er dort auch auf pädagogisch korrekte Radieschen-Choreografien trifft.

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