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SPIEL Sachen: Heirate niemals deinen Therapeuten

Christiane Wahl über Nosferatus verschwundenen Fußball

„Wie viel Angst verträgt der Mensch? Wie viel Angst braucht der Mensch?“ Einfache Fragen, die das Team um Andreas Kebelmann unter dem Motto „The black dog runs at night. Das geheime Tagebuch der Laura P.“ im HAU 3 (heute und morgen, 20 Uhr) lässig aufs Szenario knallt. Es steht allerdings zu befürchten, dass die Antworten nicht ganz so übersichtlich ausfallen. Schließlich hat sich die Truppe für ihre dramatische Angsttherapie ausgerechnet bei David Lynch und dessen Neunziger-Jahre-Kultserie „Twin Peaks“ bedient: Die Schauspielerin Katerina Poladjan verliert sich hoffnungslos zwischen Zwängen des äußeren Scheins und innerer Düsternis.

Dafür dürfte ihre Kollegin Ellida Wangel am Maxim Gorki Theater allergrößtes Verständnis haben: Diese „Frau vom Meer“ (28.5., 19.30 Uhr) – gespielt von der wunderbaren Anja Schneider in einer der schönsten Petras-Inszenierungen am Gorki – wird von einer eigentümlichen Sehnsucht gebeutelt; angeblich nach der ach so zügellosen Freiheit des Meeres. Unter der Hand geht es allerdings eher um einen anderen Mann. So tiefenpsychologisch komplex, wie die Dinge bei Henrik Ibsen liegen, ist es kein Wunder, dass Frau Wangel selbst die Tatsache, mit ihrem Therapeuten verheiratet zu sein, wenig nützt.

Schwer zu sagen, ob sich die Meerfrau oder aber – ein paar Kilometer weiter an der Volksbühne – die Truppe RambaZamba tiefer ins Dunkel wagt. Das Theater, in dem behinderte und nicht behinderte Akteure seit mehr als fünfzehn Jahren auf hohem künstlerischen Niveau professionell zusammenarbeiten, gastiert nämlich am 28.5. um 20 Uhr mit seiner Produktion „Nosferatu – Die leeren Häuser“ nach dem Stummfilm-Klassiker an der Castorf-Bühne. Vorher, morgen um 21 Uhr, zeigt die Truppe am selben Ort mit „Ein Herz ist kein Fußball“ schon mal, dass sich das Düstere ohne Weiteres in wohlgeordnete Sportlerkarrieren einschleichen kann. Nämlich, wenn beim Fußballmatch plötzlich das Spielgerät verschwindet. Frank Castorf sagte einmal, RambaZamba sei das einzige Theater, das ohne Sinnkrise auskäme: Tragisches verwandele sich hier in eine frohe Botschaft.

Christiane Wahl

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