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SPIEL Sachen: Der Wert des Geldes

Ein klares, unsentimentales Verhältnis zum Geld ist immer gut – egal, ob man welches hat oder nicht. Mit dem aufklärerischen Kassensturz kann man deshalb gar nicht früh genug anfangen.

Ein klares, unsentimentales Verhältnis zum Geld ist immer gut – egal, ob man welches hat oder nicht. Mit dem aufklärerischen Kassensturz kann man deshalb gar nicht früh genug anfangen. Das meint auch das Kinder- und Jugendtheater an der Parkaue. Während es bei vielen anderen Nachwuchsveranstaltungen zum ökonomischen Sujet nach wie vor so zugeht, dass finanzstarke Jungmonarchen wahlweise attraktive arme Bäuerinnen ehelichen oder aber an ihrem Reichtum ersticken – mithin die Plattitüde suggerieren, Geld allein mache nicht glücklich und schon gar nicht edel – geht der Regisseur Sascha Bunge die Sache erfreulich komplex an. Was ist das überhaupt – Geld? Und wer jetzt hier voreilig die Vokabel „Wert“ im Munde führt: Kann er dann auch geboten vielschichtig definieren, was sich hinter einem Wert eigentlich verbirgt beziehungsweise, noch viel schwieriger: Was ihn zu einem solchen macht?

Im Theater an der Parkaue wird dieses ökonomische Basiswissen erklärtermaßen von der „Hausfrau und Forscherin“ – kurz: der „Haushaltsforscherin“ – Gertrud vermittelt. Ob diese Berufskombination – in Zeiten neuerlicher Quotendebatten nicht ganz unwesentlich – als genderpolitisch fortschrittlich gelten darf oder aber auf der Bühne eher konservativ interpretiert wird, wird sich erweisen.

Fest jedenfalls steht, dass Gertrud mit ihren Zuschauer/innen ab neun Jahren zum Beispiel Ausflüge ins Mittelalter unternimmt, wo man ja fast alles mit Salz erkaufen konnte. Außerdem erklärt sie, wie man durch einen kleinen Trick Geld verbrennt, ohne es zu vernichten – und warum die Schalen der Kauri-Schnecke über Jahrhunderte als derart beliebtes Zahlungsmittel galten: Sie sehen gut aus, sind schwer zu fälschen, leicht zählbar und außerdem insofern vergleichsweise diebstahlsicher, als man sie zu Ketten auffädeln und sich um den Hals hängen kann. Wer weiß. Vielleicht werden derlei attraktive Vorläufer des geschmähten, peinlichen Spießerbrustbeutels ja irgendwann als Währung wiederentdeckt!

Sieht man von dem Crashkurs in puncto Tauschwerthistorie einmal ab, fällt ein weiterer Pluspunkt an Bunges Inszenierung „Geld“ (heute und Montag, 10 Uhr, So 16 Uhr) auf: Sie fasst den Wert an sich nicht ausschließlich finanziell, sondern basiert raffinierterweise auf einem anderen unschätzbaren Wert. Und der heißt: Kunst! Kultur! Weltliteratur! Die Grundlage des Abends bilden nämlich Texte der großen amerikanischen Autorin Gertrude Stein zum Thema.

Und so berührt die Parkauen-Produktion für Kinder und Jugendliche in aller Unangestrengtheit gleichzeitig eine Frage, die gerade wieder verstärkt debattiert wird im Theater, seit ein neues Buch titels „Der Kulturinfarkt“ mit einiger Polemik die Kulturförderpraxis in Deutschland infrage stellt: Lassen sich Kunst und Kultur überhaupt adäquat in geldwerten Kategorien beschreiben, geschweige denn entsprechend ökonomisieren?

Für ein erwachsenes Publikum wird darüber heute Abend, 19 Uhr, auch im Deutschen Theater diskutiert – unter anderem mit DT-Intendant Ulrich Khuon und den holländischen Regisseur/innen Johan Simons, Chef der Münchner Kammerspiele, und Alize Zandwijk, Leiterin des Ro Theaters Rotterdam.

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