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SPIEL Sachen: Miss Marple des Barock

E. T.

E. T. A. Hoffmanns „Sandmann“ hat Generationen von Geisteswissenschaftlern Promotionsthemen beschert. Das Trauma des Studenten Nathanael, der als Kind mit Schauermärchen vom „Sandmann“ ruhiggestellt und in den Tiefschlaf gezwungen wurde, inspirierte schon Sigmund Freud zu Einlassungen über das „Unheimliche“. Auch andere Motive der 1816 veröffentlichten Erzählung bieten Auseinandersetzungspotenzial. Die schöne Professorentochter Olimpia beispielsweise, in die sich Nathanael verliebt und die sich als Holzpuppe erweist, bringt neben der Mensch- und-Maschine-Thematik auch den Gender-Aspekt auf den Plan: Ein Grund für Nathanaels Puppenschwärmerei besteht darin, dass Olimpia über einen vergleichsweise geringen Wortschatz verfügt. Sie spricht ausschließlich „Ach! Ach!“ Derart profund verstanden fühlte sich der Student in seinem Leben noch nicht!

Kurzum: Das Theater an der Parkaue startet angemessen anspruchsvoll in die neue Theatersaison, wenn es am Montag kommender Woche (18 Uhr) Carlos Manuels Bühnenadaption des Sandmanns aus dem Repertoire holt. Manuel stellt dabei Nathanaels Ringen um die „Deutungshoheit über seine Geschichte“ in den Mittelpunkt. Die Erinnerung an den mysteriösen Sandmann verfolgt den Helden so hartnäckig, dass er gar nichts anderes mehr denken kann – und bei seiner Mitwelt auf Unverständnis stößt.

Gleichzeitig eignet sich „Der Sandmann“ als Einstiegslektion in das Werk E. T. A. Hoffmanns. Denn mit dem Fräulein von Scuderi – der ersten Parkauen-Neuproduktion der neuen Spielzeit – folgt im September (18.9., 19 Uhr) der Hoffmann-Aufbau-Kurs. Ausgangspunkt dieser Erzählung ist eine Mordserie an adligen jungen Männern. Jeden ereilt der tödliche Dolchstoß auf dem Weg zur Geliebten; und jeder hat ein Schmuckstück des berühmtesten Goldschmieds der Stadt dabei. Sascha Bunge, der seine Hoffmann-Kompetenz bereits mit der Inszenierung „Der goldene Topf“ unter Beweis gestellt hatte, wird „Das Fräulein von Scuderi“ als eine Art „Miss Marple des Barock“ auf die Bühne bringen. Nun denn!

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