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Kultur: Spott im Himmel

Eine

von Christiane Peitz

Kruzifix, Herr Stoiber! Gotteslästerung, so wünscht sich Bayerns Ministerpräsident, soll schärfer bestraft werden. Heilix Blechle, würde der Schwabe dazu sagen – und hätte den Stoiberschen Straftatbestand prompt erfüllt. Gotteslästerung, vulgo: Blasphemie, kommt vom griechischen blashpemos, das heißt „Schaden reden“, und das Fluchen gehört unbedingt dazu. Hierzulande kann die Beschimpfung Unseres Herrn – ebenso wie die aller anderen himmlischen Bosse – bislang allerdings nur dann mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden, wenn der öffentliche Friede gefährdet ist. Nicht Gott, die Religion und ihre Würdenträger schützt also der Staat, sondern den Frieden. Das findet Stoiber „stumpf und wirkungslos“. Der private Friede darf ungeahndet aufgemischt werden, mit schnödem Schmäh oder schönen Künsten. Das süddeutsche Jessesmaria ruft die Gesetzeshüter ebenso wenig auf den Plan wie eine Karikatur des Propheten Mohammed. Auch der Vatikanspott von „Popetown“ oder die Opus-Dei-Geißelung des „Da Vinci Code“ können das hohe Gut der Meinungs- und Kunstfreiheit für sich in Anspruch nehmen.

Der neuerliche Antrag zur Änderung des Paragrafen 166: reines Sommertheater? Stoiber surft auf der abebbenden Welle des Karikaturenstreits und argumentiert geschickt mit demselben: Wer bewusst auf religiösen Empfindungen herumtrampele, müsse mit Konsequenzen rechnen. Das habe der Streit „auf alarmierende Weise“ gezeigt. Ein prekäres Argument für den baldigen Integrationsgipfel: Integration wird nicht dadurch gefördert, dass Freiheitsrechte eingeschränkt werden. Vielmehr gilt es, für Toleranz zu werben, auch für Toleranz gegenüber den Respektloseren. Das Prinzip Gelassenheit: eine Errungenschaft der Aufklärung.

Den Anlass für Stoibers neuerlichen Vorstoß bot übrigens die symbolische Kreuzigung des Schauspielers Mathieu Carrière am Wochenende in Berlin. Mit seiner Gottessohn-Aktion vor dem Bundesjustizministerium wollte Carrière für mehr Väterrechte demonstrieren. Herrje, das ist geschmacklos. Aber ob Gottvater sich damit gelästert fühlt? Braucht Er überhaupt irdische Gesetze zum Schutz seiner Würde? Der Herr der himmlischen Heerscharen hat andere Mittel zur Hand. Jüngstes Gericht, ewige Verdammnis und so. Zweitens galt Jesus bekanntlich selbst als Gotteslästerer. Die Zeiten, in denen solche Aufwiegler mit dem Kreuzestod bestraft wurden, sind – Religionsgeschichte.

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