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Kultur: Spülpläne

Nennen wir die beiden Städte einfach Villa arriba und Villa abajo. Während die Leute in Villa abajo an ihrer rostigen alten Paellapfanne herumschrubben müssen, können sich die in Villa arriba zurücklehnen und in landeshauptstädtischer Sonne aalen, weil ihnen derweil eine super-pflegeleichte neue Luxuspfanne geschmiedet wird.

Nennen wir die beiden Städte einfach Villa arriba und Villa abajo. Während die Leute in Villa abajo an ihrer rostigen alten Paellapfanne herumschrubben müssen, können sich die in Villa arriba zurücklehnen und in landeshauptstädtischer Sonne aalen, weil ihnen derweil eine super-pflegeleichte neue Luxuspfanne geschmiedet wird. Das Merkwürdige dabei ist nur, dass die Leute aus Villa abajo an ihrer alten Pfanne genauso hängen wie die anderen an ihrem Edelstahl-Modell und beide nur eines auf keinen Fall wollen: aus der gleichen Pfanne essen.

Sowas gibt es nicht nur in der Spülmittelwerbung, sondern auch im wirklichen Leben. Da liegen die beiden Städte nicht in Spanien, sondern in Thüringen und heißen Weimar und Erfurt. Durch Geschichte und Geografie verbunden, durch den Lokalpatriotismus getrennt, könnten sie auch Greifswald und Stralsund, Altenburg und Gera oder Gelsenkirchen und Wuppertal heißen. In all diesen Städten wurden in den letzten jahren Theaterfusionen versucht: Teils sind sie - wie im Fall Wuppertal / Gelsenkirchen nach kurzer Zeit wieder gescheitert, teils halten sie unter dem Dauerzwang knapper Kassen mit Ach und Krach. Jetzt hat sich das Weimarer Stadtparlament gegen die vom Thüringer Kulturministerium angestrebte Teilfusion des Deutschen Nationaltheaters mit den Erfurter Bühnen entschieden. Obwohl dem DNT das Wasser finanziell bis zum Hals steht. Obwohl in Erfurt gerade ein schmuckes Theater mit DNT-identischen Bühnenabmessungen gebaut wird. Obwohl das Land Thüringen seine Überlebensbeihilfen für die Theater des Landes nicht erhöhen wird. Obwohl hinter die Vision des DNT-Intendanten Stefan Märki, die Kostensteigerungen durch Umwandlung in eine GmbH aufzufangen, ein ebeno dickes Fragezeichen zu setzen ist wie hinter die Zahlenmodelle des Ministeriums. Trotzdem. Die Angst der Beschäftigten, bei einer Fusion auf die Straße gesetzt zu werden, steckt ebenso dahinter wie der Argwohn der Bevölkerung, nur noch Aufgewärmtes vom Tisch des ungeliebten Fusionspartners zu bekommen.

Wie es weitergehen soll, weiß keiner. Fest steht nur eines: Selbst die immer wieder geforderten Änderungen der Tarifstrukturen können den Theatern nur kurzfristige Atempausen verschaffen. Denn dort, wo Schauspieler, Tänzer und Choristen kaum 1500 Euro brutto verdienen, werden Gehaltskürzungen zur sozialen Brutalität. Was die Theater brauchen, ist weit mehr: Ein Bekenntnis der Gesellschaft, dass ihr Kultur das wert ist, was sie nun einmal kostet. Erst dann wird eine unvoreingenommene Diskussion über die künstlerisch optimale Theaterstruktur möglich sein. Nicht nur in Weimar und Erfurt. Überall.

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