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Staatsoper: Ohren zu und durch

Die Frage nach der Gestaltung des Staatsopern-Saals ist eigentlich nur eine Fußnote in dem "beschleunigten Verhandlungsverfahren für Generalplaner", das von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgelobt wurde und dessen Ergebnis Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit heute verkünden will.

Gesucht wird ein Architekturbüro, das in der Lage ist, ein 240-Millionen- Euro-Projekt zu stemmen, bei dem die Bühnentechnik komplett erneuert, ein unterirdisches Magazin- und Logistikzentrum errichtet, die Situation der Probenräume neu geregelt und die Verwaltungsgebäude renoviert werden. Es geht um Statik und Tiefbau, um technische Fragen und Nutzungskonzepte. Und, ach ja, auch um die problematische Akustik.

Ganze fünf Prozent der Bausumme sind für den Saal reserviert. Und doch ist seit Bekanntwerden der Juryentscheidung zugunsten des modernen Entwurfs von Klaus Roth Mitte Mai um diese Frage eine „Geschmacksdebatte von abstrusen Ausmaßen“ entbrannt, wie es der FDP- Politiker Christoph Meyer am vergangenen Donnerstag bei einer aktuellen Stunde im Berliner Abgeordnetenhaus formulierte. Wenn sich der Senat an die Regeln des EU-normierten Vergabeverfahrens hält, wird Klaus Roth wohl heute den Zuschlag bekommen. Gleichzeitig aber wird die Politik den Architekten bitten, seinen Entwurf zu überdenken. Und zwar so, dass dem in der Öffentlichkeit übermächtig geäußerten Wunsch Rechnung getragen wird, den real existierenden Saal so weit wie möglich zu erhalten, also Richard Paulicks Rokoko-Nachschöpfung aus dem Jahr 1954.

Das wird teuer, denn das Haus muss in jedem Fall bis auf den Rohbau abgetragen und nach heutigen Brandschutzvorschriften wieder aufgebaut werden. Was die Saaloptik betrifft, so wird Roth wohl mit sich reden lassen, des attraktiven Auftragsvolumens wegen. Auch Norman Foster wollte den Reichstag ja eigentlich mit einem gigantischen Glasdach überspannen – und baute am Ende eine Kuppel.

So oder so wird der Senat von den unterlegenen Architekturbüros voraussichtlich mit einer Klagewelle überzogen werden, denn die auch von Jurymitgliedern mitausgefochtene Saalschlacht macht das Verfahren juristisch angreifbar. Vielleicht verzögert sich der Sanierungsbeginn dann um ein weiteres Jahr auf 2011. Das hätte den Vorteil, dass bis dahin ein neuer Staatsopern-Intendant gefunden sein könnte, der die Interessen des Hauses aktiv vertritt. Denn abgesehen von einem Zwischenruf Daniel Barenboims, der zunächst für Roth plädierte, jetzt aber laut „Spiegel“ zugunsten von Paulick eingelenkt haben soll, fehlten in der Diskussion bislang ausgerechnet die Stimmen derer, die das Haus nutzen. Frederik Hanssen

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