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Kultur: Stationen einer Wanderdüne Christiane Möbus in der Galerie Anselm Dreher

Individuelle Spuren hinterlässt sie in vielen ihrer Arbeiten, Selbstbildnisse im klassischen Sinn schafft Christiane Möbus nicht. Die 1947 in Celle geborene Künstlerin, die seit 1990 an der Berliner Universität der Künste lehrt, sendet mit konzeptuellen Mitteln Signale aus ihrer persönlichen Lebenswelt.

Individuelle Spuren hinterlässt sie in vielen ihrer Arbeiten, Selbstbildnisse im klassischen Sinn schafft Christiane Möbus nicht. Die 1947 in Celle geborene Künstlerin, die seit 1990 an der Berliner Universität der Künste lehrt, sendet mit konzeptuellen Mitteln Signale aus ihrer persönlichen Lebenswelt. Seit 20 Jahren bildet sie beispielsweise in einer lockeren Serie von Farbfotografien die eigenen Füße ab. Die stehen mal fest am Boden, mal baumeln sie frei in der Luft. Stets jedoch versprechen die Bilder mehr, als sie enthüllen – obwohl ihre Titel sehr präzis über Entstehungszeit und -ort Auskunft geben.

Auch die vier Fotos der Serie „Wanderdünen“, die Anselm Dreher nun erstmals in Berlin präsentiert (Auflage 3, je 2,60 mal 2,70 Meter, 18 000 Euro), gewähren nur scheinbar Einblicke in eine verschlossene Welt. In Nahaufnahmen zeigt Christiane Möbus Innenansichten ihres Ateliers: Zettelkästen, Rechnungen, Tüten und Kartons stapeln sich zu wahren Gebirgen; ein Globus sticht in seiner eingängigen Farbigkeit ins Auge. Geweihe und ausgestopfte Vögel verweisen auf den umfangreichen Fundus der Objektkünstlerin. Mehr oder weniger banale Alltagsdinge werden Teil der Wanderdüne, die, sich beständig umwälzend, den üblichen Voyeurismus ins Leere laufen lässt.

Entstanden ist die Fotoserie 2005 für eine Einzelausstellung in der Bremer Kunsthalle. Auslösendes Moment war ein Atelierbesuch des Förderkreises der Kunsthalle. Damals musste Christiane Möbus für ihre Besucher eigens Gänge durch das scheinbare Chaos bahnen. Ein in den Bildern kaum mehr auszumachender Eingriff in einen sich sonst selbst regulierenden Mikrokosmos. Die Kunstfreunde zeigten sich beeindruckt.

Mit klassischen Atelierbildern haben diese nie ästhetisierenden und doch sinnlichen Aufnahmen wenig gemein. Weder geht es um räumliche Komposition noch um flotte Selbststilisierung. Bei Christiane Möbus gewinnen tote Gegenstände Eigenleben und eigene Ordnung. Man wäre nicht überrascht, wenn sie wie in den Märchen von Hans Christian Andersen plötzlich ihre Geschichte zum Besten gäben. Es ist die Büchse der Pandora, schreibt Wulf Herzogenrath im Katalog der Bremer Ausstellung, die sich da unversehens öffnet.

Auf einem der Fotos prangt unten rechts gleich einer Signatur der Name der Künstlerin: als Schriftzug auf einer „Möbus“-Tasche. Die himmelblauen und orangefarbenen Sporttaschen erdachte Christiane Möbus 2005 als Multiple. Ein paar davon stehen auch bei Anselm Dreher (Aufl. 20, 175 Euro). Sie sind mit Kokosnüssen so gefüllt, dass sie beim Tragen eindeutig Schlagseite bekommen. Eine Möbus-Lektion in nuce: Traue keiner Form, deren Inhalt du nicht durchschaust.

Galerie Anselm Dreher, Pfalzburger Straße 80, bis 27. Mai; Dienstag bis Freitag 14 – 18 Uhr, Sonnabend 11 – 14 Uhr.

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