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Energisch. Paul Schröder als Sohn, Silke Lange als Mutter.Film: Bresadola/drama-berlin.de

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Kultur: Still schreiend

„Kein Schiff wird kommen“ im Deutschen Theater

Der Besuch beim Vater, auf der Nordseeinsel Föhr ist für den in Berlin lebenden Sohn Bedürfnis und Qual zugleich. Er sucht die Spuren der Kindheit und möchte ihnen ausweichen. Er will ein Stück über die Wende des Jahres 1989 schreiben und hat Angst vor dem geschichtlich aufgeladenen Ereignis, weil er es nur als Kind erlebte. Nis-Momme Stockmann erzählt in seinem Stück „Kein Schiff wird kommen“ von einem jungen Schriftsteller, der sich im Lauf der Zeit selbst sucht – und versucht zum Wesentlichen, „Nachhaltigen“ vorzustoßen. Aber er weiß nicht, wo es zu finden ist. Eine Mauer fiel, als er noch klein war, andere Mauern stehen unverrückbar. Nicht nur die zwischen den Generationen, auch die zwischen der Erinnerung und der Wirklichkeit, zwischen Arbeit und Traum. Doch das Stück über die Wende, vom „Markt“ gefordert, wie es bitter ironisch heißt, kommt nicht zustande. Dafür ein anderes: das vom Tod der Mutter, die in eben diesem Schicksalsjahr 1989 starb.

In der Box des Deutschen Theaters hat Frank Abt den anspruchsvollen, gedankenschweren, monologisch strukturierten Text inszeniert und ihm erstaunliche Frische verliehen. Es gelingt ihm, den hohen Anspruch des Autors, in die Tiefen geschichtlicher und familiärer Geschehnisse vorzudringen, mit sinnlicher Kraft auf die Bühne zu katapultieren. Paul Schröder führt das handlungsarme Stück als Erzähler an. Er zeigt dabei eine energische Lust, das Ringen um eine Position im Leben und beim Schreiben zu verdeutlichen.

Die Aufführung deutet reale Vorgänge nur an: Das Geschehen um Vater, Mutter, Sohn spielt sich in einem imaginären Reich ab, Figuren überlagern und teilen sich, Zeitebenen gehen ineinander über. Tisch und Stuhl auf der Vorderbühne, dahinter ein nur angedeutetes Wohnzimmer heben Wirkliches im Gedachten und Erinnerten auf (Bühne Anne Ehrlich). In dieser geheimnissatten Welt bewähren sich auch Elias Arens und Markwart Müller-Elmau in den Väterrollen und Silke Lange als stumme Mutter mit dem „redenden“ Akkordeon. Beherrschend aber bleibt Paul Schröder: tiefernst und aufgedreht, akrobatisch und still, verzweifelt und trotzig.Christoph Funke

Deutsches Theater Box, Schumannstraße 13a, wieder am 2. 11., 20.30 Uhr

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