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Kultur: Stimmen in der Nacht

NEUE MUSIK

Schön, dass das Ensemble Modern im Berliner Konzerthaus ein paar Blüten zum Sprießen bringt, die das siebte Nachwuchsforum der Gesellschaft für Neue Musik hervorgebracht hat: Jungen Komponisten, Interpreten und Musikologen wird in diesem Forum die Möglichkeit geboten, abseits der Zwänge des Konzertbetriebs Standortbestimmung zu betreiben. „Musik und Sprache“ ist das diesjährige Motto, und es ist heikel. Seit langem zeigt sich, dass die Neue Musik sich schwer tut, Sprache mitsamt ihrer Semantik zu verarbeiten. Der Hörer hat meist nur die Wahl zwischen traditionellem Gesang à la Henze und abstrakten Lautklängen, die die Stimme zum Instrument machen.

Letzteres gelingt Jan Kopp und Vykintas Baltakas im wortwörtlichen Sinn: Sie kombinieren Sopran und Klarinette respektive Trompete so geschickt, dass bisweilen nicht mehr zu erkennen ist, was an schneidenden Tönen, rauschigem Gleiten und Zischklängen Stimme oder Instrument entspringt. Es entsteht eine Anmutung von Einheit, an deren Rändern immer wieder Heterogenität durchschimmert, wenn sich die Akteure voneinander lösen, und es ist diese Grenzerfahrung, die zuweilen Spannung erzeugt.

Noch dichter komponiert wirkt Elena Mendoza-López’ Posaunensolo „Contextos-Juegos“. Die in und neben das Instrument gesprochenen spanischen Textfragmente arbeitet sie schön in einen großen Bogen ein, der die imense Ausdrucksskala des Instruments entspannt ausnutzt. Aber auch hier hat der Text keine semantische Relevanz. Das Motto bleibt offensichtlich „Musik und Stimme“, nicht „Musik und Sprache“. Folgerichtig kommen die übrigen Beiträge ohne Stimme aus und verlegen sich ganz auf die instrumentale Klangrede.

Ulrich Pollmann

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