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Kultur: Streng, gerecht

Marek Janowski dirigiert nichts als Beethoven

Darf man das – nicht nur ein Konzert, sondern einen ganzen Zyklus lang ausschließlich Beethoven spielen? Wie sich Marek Janowski den heute meist üblichen Mischprogrammen mit ihren Bemühungen um zeitgenössische Stücke entzieht und mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester konsequent an den Klassiker schlechthin erinnert, hat etwas Zwingendes. Und Beethoven verträgt einen siebenstündigen Marathon, wie er in zwei Konzerten mit vier Sinfonien und zwei Streichquartetten am Pfingstsonntag in der Philharmonie stattfindet, allemal, ohne dass auch nur einen Augenblick das Verlangen nach Abwechslung aufkäme. Die nämlich bietet dieser Komponist schon genug.

Immer wieder nennt man Janowski einen Konservativen, einen Traditionalisten. Das mag stimmen. Aber wenn er Beethoven so dirigiert wie am Sonntag, dann verlieren diese Bezeichnungen plötzlich jeden negativen Beigeschmack. Sein Stil ist von geradezu klassizistischer Strenge, und doch bleibt er bei aller Ratio immer leidenschaftlich. Die Ecksätze der Pastorale stehen da wie in Granit gemeißelt – und doch ist da auch Raum für duftende Frühlingsblumen und den Fluss, der bei der Ankunft auf dem Lande plätschert. Das liegt unter anderem daran, dass Janowski die Stimmen kristallklar voneinander scheidet, die Dynamik immer wieder dämpft, damit sich die Instrumentalsolisten klanglich voll entfalten können. Später, bei der Achten und Ersten, kommt zu diesem Klassizismus eine Bewegtheit, ein natürliches Fließen, ein Drängen der musikalischen Masse hinzu, das trotz munteren Tempos die Themen nicht durcheilt, sondern sich ihnen widmet und in einer plastisch geschärften Eroica gipfelt, deren Trauermarsch schwarz strahlt. Wieder einmal wird deutlich, wie sehr Janowskis Konzerte Ergebnis akribischer Probenarbeit sind.

Als Antithese zu den Sinfonien wirken die Streichquartette am Ende der beiden Konzerte nicht deplatziert, sondern wie eine Einladung zu weiterem Nachdenken über die Form von Musik. Dem Belcea Quartet gelingt das erste der drei Rasumowsky-Quartette op. 59 mitreißend leidenschaftlich und berührend sinnlich mit einer singenden ersten Geige (Corina Belcea-Fisher). Das Artemis-Quartett interpretiert das düstere f-Moll-Quartett op. 95 in passenden spröden und brüchigen Klängen. Gerade nach der – auf vielen Positionen auch noch doppelt besetzen – Eroica zeigen diese vier einsamen Musiker auf dem leeren Podium der Philharmonie besonders eindrucksvoll, wie sehr die Streichquartette für Beethoven Ausdruck von Konzentration und Fokus waren. Udo Badelt

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