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Kultur: Tanz im Panzerkreuzer

ARCHITEKTUR

Man sollte den Vergleich nicht überstrapazieren. Bagdad ist, was die Zerstörung angeht, noch einmal davongekommen. Ganz anders Beirut: Ab 1975 löschten 15 Jahre Bürgerkrieg das einstige „Paris des Nahen Ostens“ beinahe aus. In welchem Stile sollen wir aufbauen? Diese Frage entschied der staatliche Bauträger „Solidère“ Anfang der Neunzigerjahre zugunsten eines in der arabischen Welt verbreiteten Neo-Orientalismus. Jenseits solcher Postkartenidyllen sind Stadtplanung und institutionelle Architekturförderung praktisch nicht vorhanden.

So ist es auch ein politisches Statement, wenn die Architekturgalerie Aedes in ihrer 300. Ausstellung – diesmal in Kooperation mit dem Berliner Haus der Kulturen der Welt – das noch schmale Werk von Bernard Khoury vorstellt (Aedes West, bis 29. 6., Katalog 10 €). Der 35jährige Libanese, der sein Architekturstudium 1993 in Harvard abschloss, treibt dabei kompromisslos auf die Spitze, was hierzulande noch immer als anrüchig gilt. In Ermangelung öffentlicher Aufträge baut Khoury privat finanzierte Vergnügungsstätten.

Näher dokumentiert werden zwei Restaurants und ein Nachtklub, die in ihrer konzeptionellen Präzision verblüffen. Wie ein unterirdischer Operationssaal, den man durch einen gläsernen Turm betritt, wirkt das japanische Restaurant „Yabani“. Gleich einem abgesoffenen Panzerkreuzer lugt die Deckenkonstruktion des Nachtclubs „B 018“ aus dem kreisrund betonierten „Quarantaine“-Platz. Wo nun nachts unter einem auffahrbaren Dach getanzt wird, sind während des Bürgerkriegs 200 Palästinenser massakriert worden. Es spricht für den Lebensmut junger Beiruter, die von Khoury inszenierten Brüche tolerieren zu können.

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