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Kultur: Terra incognita

Eine Doku erzählt vom Tod in den Bergen Bulgariens.

Rot leuchtet der alte Mercedes des Filmteams aus dem Grün des bulgarischen Rhodopen-Gebirges, knallrot wie das Feuerwehrauto, das aus dem Nebel auftaucht und wie ein Spielzeug wirkt. Oder rot auch wie das Festgewand der Bäuerin, die ein Klagelied für einen gefallenen Heiducken anstimmt – Freiheitskämpfer oder Räuber im osmanischen Reich, zu dem Bulgarien einst gehörte. Ob die Filmemacher die Farben bei der Nachbearbeitung des Materials hervorgehoben haben? Immerhin lässt sich damit der Herbststimmung, um die es in dieser schönen Dokumentation geht, etwas entgegensetzen.

Ein polnisches Filmteam fährt in den Südwesten Bulgariens, um Klagelieder für einen verstorbenen Freund zu sammeln und dreht dabei ein zurückhaltendes Road Movie: „About the Soul and Other Small Things“ versammelt Begegnungen mit Menschen, die mit Trauer und Tod befasst sind und gibt deren beredter Sprachlosigkeit viel Raum. Und verfällt in Staunen über die beinahe vormodernen Verhältnisse.

Regisseur Kornel Miglus und Kameramann Robert Mleczko zeigen Menschen, die vom Kapitalismus nicht profitieren. Etwa einen muslimischen Geistlichen, dem das Gebiss entwendet wurde und der sich kein neues leisten kann. Oder Nonnen, die vor der Ruine ihres ausgebrannten Klosters stehen. Oder eine alte Frau mit knallroten Haaren, die ihre eigene Grabrede schon formuliert hat. Statt sein Anfangsvorhaben umzusetzen, lässt das Filmteam sich einfach treiben, und es ist nun die Reise in Richtung Terra incognita, die die Dramaturgie bestimmt. Ein stiller Dokumentarfilm, der neugierig macht auf das Land, in dem er gedreht ist. Es liegt nicht wirklich fern. Daniela Sannwald

fsk und Hackesche Höfe

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