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Erben des Britpop. Die Maccabees gründeten sich 2004 in London.

© Trinity

The Maccabees in Berlin: Zahnpastaküsse

In England werden die Maccabees für ihren melodischen Britpop verehrt. Beim Glastonbury Festival singt ein ganzes Fußballstadion ihre Texte mit. In Deutschland sind sie nicht ganz so groß . aber in Berlin reicht es für einen ausverkauften und euphorisierten Heimathafen.

Von Oliver Bilger

So bedeutungslos wie in den letzten Jahren war Rockmusik wohl noch nie seit ihrer Erfindung. Die trendhungrige Tanzmeute bewegt ihre gelenkigen Glieder heute zu Techno, Hip-Hop oder Popmusik mit elektronischem Wumms. Viele Bands der großen Indiewelle, die vor etwa elf Jahren begann, krebsen heute am Rande der Bedeutungslosigkeit herum und halten sich nur durch nostalgische Fans über Wasser, die mit der Musik ihrer Jugend hinterherschauen.

Auch The Maccabees haben sich 2004 zusammengefunden, schlüpften gleichzeitig mit vielen Neo-Britpop-Bands aus dem Nest. Im Vergleich zu anderen gibt es sie noch, und wie! In Großbritannien werden sie verehrt, ihre Konzerte sind stets ausverkauft, auf dem Glastonbury Festival singt ein ganzes Fußballstadion die Texte der Band mit. Immerhin haben sie in Berlin den Heimathafen ausverkauft und die sonst recht zurückhaltenden Berliner sind regelrecht euphorisch, als die sechs Musiker auf die Bühne kommen und mit dem älteren Song „Wall of Arms“ beginnen. Der groovt aber auch!

Sehr amüsant, wie diese gitarrenlastige Band ganz unterschiedliche Musikertypen vereint. Mittig steht der klassische Guitar Hero Hugo White, die schwarze Gibson hängt tief, die längeren Haare müssen oft nach hinten gestrichen werden, beim Solo wird lässig über die linke Schulter gekuckt und die Gitarre phallisch nach vorne gereckt. Sänger Orlando Weeks, mit einer betörenden Stimme ähnlich der von James Blake ausgestattet, und der dritte Gitarrist Felix White spielen ihre Instrumente in alter Britpop-Manier auf Achselhöhe und verzichten auf große Gesten.

Aber für die sorgt ja Hugo. Nach einigen älteren Songs trauen sich The Maccabees mit „Kamakura“ und „WW1 Portraits“ an zwei große Stücke ihres neuen Albums „Marks to Prove It“ heran. Sie sind deutlich klavierlastiger, aber leider wird die Pianistin nicht vorgestellt. Der mit Abstand beste Song des neuen Albums ist das melancholische und zugleich treibende „Spit It Out“, dessen Text eher kryptisch anmutet. Aber wer braucht bei dieser Melodie schon Lyrics?

The Maccabees sind eindeutig eine Liveband, immer wieder suchen die Musiker den Kontakt zu ihrem Publikum. Als Zugabe gibt es eine neue Version von „Toothpaste Kisses“. Die sechs Musiker haben den alten Song in eine entspannte Soulnummer verwandelt. So gut sollte jedes Konzert sein.

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