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Theater: Der Kampf um "Vom Winde verweht"

Großes Kino im Theater: Die deutschsprachige Erstaufführung des Theaterstückes "Mondlicht und Magnolien" von Ron Hutchinson ist im Berliner Renaissance-Theater mit Jubel aufgenommen worden.

Berlin - Zum Beginn ertönt die schmalzige Anfangsmusik des Hollywood-Filmklassikers "Vom Winde verweht". Danach geht es aber hart zur Sache. Drei Männer ringen um das beste Drehbuch für die Verfilmung des Romans von einer "Hausfrau" namens Margaret Mitchell, von dem noch nicht alle Beteiligten überzeugt sind, dass er überhaupt filmtauglich ist.

"Diese Art von Büchern lese ich nie, das pflegt man eine Lebensbeichte einer Prostituierten zu nennen", meint der Drehbuchautor Ben Hecht, dargestellt von TV-Kommissar Boris Aljinovic. Nur einer ist von dem Stoff besessen: der Filmproduzent David O. Selznick ("Rebecca", "Der dritte Mann"), hier gespielt von Jürgen Tarrach ("Wambo"), der nach vielen TV-Einsätzen nach langer Zeit wieder auf die Bühne zurückgekehrt ist. Den Regisseur Victor Fleming spielt Guntbert Warns. Alle drei und die Regisseurin Tina Engel werden nach der gut zweistündigen, ebenso turbulenten wie amüsanten und doch auch tiefgründigen Aufführung mit Jubel des Premierenpublikums belohnt, darunter die Schauspieler Friedrich Schoenfelder und Judy Winter, der Theaterautor Curth Flatow und Susanne Juhnke.

Ringen um die endgültige Drehbuchfassung

Das Stück basiert auf den wahren Tatsachen, nach denen sich die drei Männer 1939 eine Woche lang im Büro des Produzenten einschlossen wie in einem "Affenkäfig" (nur mit Bananen und Erdnüssen als "Nervennahrung"), um die endgültige Drehbuchfassung zu finden. Da Hecht den Roman nicht kennt, spielt ihm Selznick die Rolle der Scarlett O'Hara in allen dramatischen Einzelheiten vor, wie er sie vor Augen hat. Selznick hatte die bereits begonnenen Dreharbeiten abgebrochen und den bisherigen Regisseur gefeuert, weil ihm alles nicht gefiel.

Jetzt wird Tag und Nacht darum gekämpft, bis zur Erschöpfung und nicht ohne Psychoterror. Schon zur Pause gleicht die Bühne einem Schlachtfeld, der Produzent schläft auf seinem Schreibtisch liegend ein, der Drehbuchautor wühlt im Papierkorb zwischen Manuskriptseiten und Bananenschalen, dem Regisseur platzen die Blutgefäße im rechten Auge, als man die handfesten Szenen im Film nachspielen wollte. Das alles geschieht mit zum Teil witzigen Dialogen voller Spitzen über Sucht, Frust und Eitelkeiten des Filmgeschäftes, vor allem aber über die unstillbaren Träume vom "größten Film aller Zeiten". Die Filmbranche liege am Boden, sinniert Selznick, "aber bevor wir den Stecker ziehen, will ich noch den einen großen Film machen, ich drehe jetzt unseren "Krieg und Frieden"!"

Der Film mit Clark Gable und Vivien Leigh wurde dann in der Tat auch einer der größten Leinwanderfolge der Filmgeschichte und ist inzwischen ein Klassiker. Der Weg dahin war, wie der Theaterautor zeigen will, mit Fallstricken und Tücken der großen Hollywood-Studios mit all den dort offenbar in Massen anzutreffenden Profilneurosen gepflastert. Der Drehbuchautor wurde übrigens wieder ausgewechselt, es wurde wie schon ursprünglich geplant Sidney Howard. Der Film gewann zehn Oscars. Sowohl Selznick als auch Fleming starben später an einem Herzinfarkt. (Von Wilfried Mommert, dpa)

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