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Kultur: Theater-Freikarten: Fangt die Abzocker!

Da wollte der Bund der Steuerzahler mal wieder so richtig die Sozialneid-Trommel rühren. Von den in der Saison 1998/99 in Berlin verkauften 1,9 Millionen Theaterkarten, verkündeten die Jäger des verlorenen Staatsschatzes vollmundig, seien ein Drittel Freikarten gewesen!

Da wollte der Bund der Steuerzahler mal wieder so richtig die Sozialneid-Trommel rühren. Von den in der Saison 1998/99 in Berlin verkauften 1,9 Millionen Theaterkarten, verkündeten die Jäger des verlorenen Staatsschatzes vollmundig, seien ein Drittel Freikarten gewesen! Man stelle sich das vor: 555 000 Gratiskarten werden von den subventionsfressenden Hochkulturinstitutionen den Schickimickis hinterhergeworfen. Schade nur, dass die selbsternannten Steuerfahnder nicht richtig rechnen können. Sie haben nämlich fälschlicherweise die Zahl der Freikarten (in der Hauptstadt insgesamt 5,8 Prozent der ausgegebenen Tickets) mit denen der preisreduzierten Karten zusammengezählt. Dabei kommen doch die Billig-Billets gerade denjenigen zugute, die Ermäßigungen besonders nötig haben, den Schülern und Arbeitslosen nämlich, Studenten und Rentnern. Stinksauer reagierte gestern Berlins Kultursenator Christoph Stölzl auf die missglückte Kampagne des Steuerzahlerbundes. "Ich bin fassungslos über dieses Kulturverständnis", sagte Stölzl im Gespräch mit dem Tagesspiegel. "Es ist meine feste Überzeugung, dass der Standort Berlin nur dann gesunden kann, wenn wir massiv in Bildung und Kultur investieren. Es gehört zu den Vorteilen Berlins gegenüber München, dass sich junge Menschen hier frei entscheiden können, ob sie ins Kino oder in die Oper gehen, weil es keine Preisbarrieren gibt."

Die Kritik an der angeblichen Steuerverschwendung im Kulturbereich wies auch der Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, zurück. Es sei Augenwischerein, Theater-Zuschüsse in Subventionen pro Platz umzurechnen (in Berlin sind es durchschnittlich 197 Mark, in München 174, in Frankfurt 291) - schließlich bekämen die Bühnen ihr Geld, um ihre Angestellten, allesamt hochqualifizierte Fachkräfte, zu entlohnen.

F. H.

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