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Import: Lars Eidinger als Hamlet beim Gastspiel der Berliner Schaubühne auf dem Fadjr-Festival in Teheran im Januar 2016.

© dpa

Theater in Iran: Bewegung und Klischee

Folgt der politischen Öffnung eine künstlerische? Die Berliner Akademie der Künste diskutiert über Theater in Iran.

„Aufbrüche – Theater in Iran“: Die Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz hatte am Sonntag das richtige Thema auf der Agenda. Wie steht es nach den erfolgreichen Atomverhandlungen, nach den gefallenen Wirtschaftssanktionen, nach Sigmar Gabriels und Frank-Walter Steinmeiers Iran-Besuchen um die künstlerische Öffnung des Landes? Wie könnten sinnvolle Kooperationsmodelle jenseits wirtschaftlicher Interessen aussehen? Das sind spannende Fragen, die dann faktisch allerdings leider kaum gestellt wurden.

In einem von der Kölner Theaterkritikerin Dorothea Marcus moderierten Podiumsgespräch gewann die „Aufbruchs“-Veranstaltung zunächst eher Rückschau-Charakter, als hiesige Theaterleute wie die Choreografin Helena Waldmann oder der Regisseur Stephan Weiland zu (Zensur-)Problemen auf ihren teilweise Jahre zurückliegenden Gastspielreisen oder Workshop-Leitungen und Regiearbeiten befragt wurden.

Das Mülheimer Theater an der Ruhr, 1999 als erstes westliches Ensemble nach der Islamischen Revolution überhaupt zum internationalen Fadjr-Festival nach Teheran eingeladen, habe sich mit Taschentüchern zwischen den Handflächen über das Berührungsverbot zwischen Männern und Frauen auf der Bühne hinweggeholfen, berichtet etwa die Islamwissenschaftlerin und Dramaturgin Annette Heilmann, die damals als persönliche Referentin des Intendanten Roberto Ciulli dabei war.

Nicht, dass man in diesem Gespräch nicht das eine oder andere retrospektiv interessante Detail erfahren hätte. Aber den sehr höflichen (und eher generell als konkret auf die Runde bezogenen) Einwand der in Teheran geborenen Narges Hashempour kann man gut nachvollziehen: Die meisten Menschen, mit denen sie hierzulande rede – so die Erfahrung der Theaterwissenschaftlerin, Regisseurin und Schauspielerin – suchten eigentlich eher ihr eigenes Iran-Bild.

Hashempour hatte zuvor in einem theaterwissenschaftlich fundierten, aber den gesellschaftspolitischen Hintergrund leider weitgehend ausklammernden Vortrag über die Öffnung der vierten Wand im iranischen Theater referiert. Man müsse aufpassen, so meinte Hashempour weiter, dass man über dem Verharren in den eigenen Klischees nicht die vergleichsweise beweglichen Veränderungen verschlafe.

Der richtige Weckruf zur leider schon stark vorgerückten Stunde. Glücklicherweise reichte es noch für die Deutsch-Iranerin Modjgan Hashemian, die als Choreografin jenseits des offiziellen Kulturaustauschs auf eigene Kosten zwischen den Ländern pendelt, eine augenscheinlich vitale iranische Untergrund-Tanzszene in privaten Räumen zu skizzieren, die sich vor allem konkrete Unterstützung wünscht. Stichwort Workshop-Austausch und Visa: Genau an diesem Punkt sollte die nächste Diskussion anfangen statt enden.

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