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Kultur: Theaterblut, Herzblut

Gerade mal zwei Monate ist es her, dass die Berliner erleben durften, was Oper bedeuten kann: Lange wurde über keine Produktion so gestritten und geschwärmt wie über Calixto Bieitos gnadenlose Version von Mozarts „Entführung“ an der Komischen Oper. Streitkultur, die süchtig macht: Wer gebannt und erschüttert Konstanzes Martern miterlebt hat, der ahnt, dass auch bei Bizets „Carmen“, Mozarts „Figaro“ und Leoncavallos „Bajazzo“ die Abgründe ganz dicht unter der melodienseligen Oberfläche liegen.

Gerade mal zwei Monate ist es her, dass die Berliner erleben durften, was Oper bedeuten kann: Lange wurde über keine Produktion so gestritten und geschwärmt wie über Calixto Bieitos gnadenlose Version von Mozarts „Entführung“ an der Komischen Oper. Streitkultur, die süchtig macht: Wer gebannt und erschüttert Konstanzes Martern miterlebt hat, der ahnt, dass auch bei Bizets „Carmen“, Mozarts „Figaro“ und Leoncavallos „Bajazzo“ die Abgründe ganz dicht unter der melodienseligen Oberfläche liegen. Die drei Berliner Opernhäuser bieten in der morgen beginnenden Saison so viel Gelegenheit zum Streiten und Schwärmen wie nie: Zwanzig Premieren stemmen sie zusammen, zeigen alles, was Oper kann, will und soll. Den hemmungslos absurden Witz Rossinis in seiner „Verrückten Verwechslung“ gleich nächste Woche und später in seiner „Italienerin in Algier“, dann Janáceks und Schostakowitschs von tiefster Humanität geprägte Blicke auf die Glücklosen, auf die trostlosen Schicksale einer Katja Kabanowa und einer Lady Macbeth von Mzensk. Oder auch die ehernen Weltweisheiten und Weltsehnsüchte, von denen Wagners „Parsifal“ und Monteverdis „Heimkehr des Odysseus“ künden. Oder die einfachen Geschichten vom gegenseitigen Nichtverstehen, von der Unfähigkeit zum Glück in Debussys „Pelléas“ und Tschaikowskys „Eugen Onegin“. Stürzen wir uns auf 20 Lebenszeugnisse, 20 wunderbare Stücke, in denen nicht nur Theater-, sondern auch Herzblut vergossen wird. Auf 20 Abende voller erhitzter Diskussionen. 20 Möglichkeiten, glücklich zu sein.

Jörg Königsdorf

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