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Kultur: Tod durch Befreiung

„Vom süßen Jenseits“ im Berliner Hebbel am Ufer

Die weiße, glatte Fläche zeigt dunkle Abriebspuren, metallische Lärmmusik dröhnt. Um das leere Rechteck sitzen die Zuschauer auf erhöhten Holzbänken. Sie warten, leicht irritiert, spüren zunehmend Betroffenheit, ohne zu wissen, warum – dann bricht das Eis.

„Vom süßen Jenseits“ erzählt „eine einfache Geschichte“ über den plötzlichen Unfalltod von 34 Schulkindern in einer kanadischen Kleinstadt. Das Theaterstück in der Regie von Jörg Lukas Matthaei folgt dem mehrfach preisgekrönten Spielfilm „Das süße Jenseits“ des kanadischen Regisseurs Atom Egoyans auf seiner Reise zu den Grenzen menschlichen Leidensvermögens. Die Inszenierung erzählt, stellenweise leider zu aktionistisch, von Lebenslügen, Manipulationen und Selbsttäuschungen. Unter der scheinbar funktionierenden sozialen Oberfläche lauern häusliche Gewalt, Alkoholismus, Inzest, Ehebruch und Armut. Die Kinder und Jugendlichen, im HAU 3 (Tempelhofer Ufer 10, wieder vom 27.-29. März, 20 Uhr) von sieben talentierten Nachwuchsschauspielern dargestellt, müssen im dichten Lügengespinst der Erwachsenen (über)leben – bedeutet der Tod also ihre Befreiung?

Die unerhörte Frage könnte vielleicht nur Nicole, die einzige jugendliche Überlebende des Unglücks, beantworten. Sie tut es indirekt: Ganz allein, vom Rattenfänger zurückgelassen, trauert sie einer besseren Welt nach. Eva Kalwa

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