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© Foto: AFP

Top 100 der Kunstwelt: Fotografin und Aktivistin Nan Goldin ganz oben

Die Zeitschrift „Monopol“ kürt die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten in der internationalen Kunstwelt. Auch die Documenta-Kuratoren schaffen es aufs Treppchen.

| Update:

Die Opioid-Krise in den USA fordert viele Tote. Allein 100.000 sollen es im vergangenen Jahr gewesen sein. Auch die Künstlerin und Fotografin Nan Goldin wurde von Oxycontin abhängig. Mit diesem Schmerzmittel verdient die Pharmafamilie Sackler ein Vermögen, verschleierte die katastrophalen Folgen des Medikaments. Teile dieses Vermögens stecken die Sacklers großzügig in Museen und Universitäten.

Nan Goldin sorgte mit künstlerischem Agitprop dafür, dass die Rolle der Sacklers im Oxycontin-Skandal an die Öffentlichkeit kam. Sie organisiert Protestaktionen gegen die Pharma-Mäzene, zwang Museen genau hinzuschauen. Laura Poitras’ Dokumentarfilm über Nan Goldins Kampf gewann in diesem Jahr den Goldenen Löwen in Venedig.

Goldin kämpft für Ethik im Kunstsponsoring

Inzwischen wurden die Sackler-Räume im Metropolitan Museum und in vielen anderen Häusern umbenannt. Für diesen enormen Effekt – und auch für ihre Fotografie, die bei der Biennale in Venedig zu sehen war und derzeit im Moderna Museet in Stockholm –, landete die 69-Jährige Goldin nun auf dem ersten Platz der Top 100 Liste der einflussreichsten Persönlichkeiten der Kunstwelt.

Die Kunstzeitschrift „Monopol“ veröffentlicht jeweils am Ende des Jahres ihr Ranking, das von der Redaktion gemeinsam mit Expert:innen aus der Kunstwelt erstellt wird. Die komplette Liste ist im Dezemberheft von „Monopol“ veröffentlicht, dass am 24.11. erscheint.

Ruangrupa, das Kuratorenkollektiv der Documenta fifteen.
Ruangrupa, das Kuratorenkollektiv der Documenta fifteen.

© Foto: Jin-Panjii

Nan Goldin stand 2019 schon mal auf Platz zwei. Bemerkenswert ist der diesjährige zweite Platz. Den belegen Ruangrupa, die Kurator:innen der Documenta, denen vorgeworfen wird, dass sie sehenden Auges antisemitische Werke auf der Kasseler Weltkunstausstellung zugelassen haben haben. Ruangrupas Umgang mit der Krise ließ zu Wünschen übrig, unbestritten ist: sie haben Einfluss ausgeübt.

Sie haben – wenn auch zum Teil unfreiwillig und schweigend – eine Debatte um Antisemitismus, Holocaust-Gedenken und Postkolonialismus angestoßen, die deutlich gezeigt hat, wie wenig man in Deutschland hierüber debattieren kann, wie man quasi sofort im gegenseitigen Aufwiegen und Verurteilen landet.

Historiker Meron Mendel auf den vorderen Plätzen

In diesem Zusammenhang steht Platz acht der Liste: Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, der im Antisemitismus-Skandal der Documenta stets versuchte, zu erklären, zu vermitteln, Vernunft walten zu lassen. Mendel ist als Historiker nicht per se Teil der Kunstwelt. Der Platz unter den Top 10 gebührt ihm auch, weil er die Debatte um Kunstfreiheit und Verantwortung leitete, als es keiner tat.

Auf dem dritten Platz ist mit Francis Alÿs ein Künstler, der sich nicht so leicht dem Lager der Aktivisten zuschlagen lässt. In seinen Videos kommentiert er zwar auch Politik und Machtstrukturen, hat aber auch ein Auge für die Poesie des Alltags. Seine Filme von Kinderspielen aus aller Welt, die er im belgischen Pavillon auf der Venedig Biennale zeigte, haben auch deshalb so viele Menschen verzückt, weil sie auf Humanität abzielen, auf Gemeinsamkeiten statt auf Spaltung und Kampf.

Auch unter den Top 10: die noch einmal neu entdeckte New Yorker Performance- und Videokunst-Legende Joan Jonas, die sich schon früh mit dem Klimawandel auseinandersetzte und Bildhauerin Simone Leigh, die einen Löwen bei der Venedig Biennale erhielt. Auch Venedig Biennale-Kuratorin Cecilia Alemani hat es unter die Einflußreichsten geschafft und der Direktor des Metropolitan Museum, Max Hollein, der wie etliche andere schon öfter unter den Top 100 auftauchten.

Die Liste ist sehr stark geprägt von den Mega-Ereignissen dieses Superkunstjahres. Sie ist ob der starken Politisierung im Kunstbetrieb gar nicht mal so politisch. Stattdessen scheint man sich nach den Pandemiejahren 2020/21 vor allem an intensive Ausstellungen zu erinnern.

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