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Kultur: Tragisches aus dem Hochgebirge

ETHNO

Vielleicht hatte der Toningenieur den Noise-Jazz von Medeski Martin&Wood im Sinn. Denn durch die maßlose Übersteuerung verhallten selbst die behutsamen Klangexperimente in den Gewölben der Passionskirche. Doch so mühsam es stellenweise war, die musikalischen Zutaten im Ohren betäubenden Soundbrei auszumachen - Susana Baca, die von David Byrne entdeckte Sängerin aus Peru, konnte darüber allemal hinwegtrösten. Barfuß, charmant und lyrisch intonierte sie ihre Lieder, in denen das tragische Lebensgefühl der Andenbewohner mit den ungezügelten Rhythmen schwarzer Sklaven verschmilzt. Von diesem afro-peruanischen Blues hatten sich auch der Keyboarder John Medeski und der Gitarrist Marc Ribot begeistern lassen; die beiden Avantgardisten standen mit Baca zusammen im Plattenstudio. In der Passionskirche erschien die Sängerin allerdings von ihrem angestammten Quartett begleitet, das die peruanischen Walzer durch ausschweifende Improvisationen in neues Licht tauchte. Baca selbst, in mauve Seide gewandet, besang mit ihrer klaren, reifen Stimme pochenden Liebesschmerz und tänzelte in vollendeter Eleganz durch afrikanische Polyrhythmen. Als der Blues dann immer mehr in eine Art ausgelassene Rumba mündete, war auch im Publikum kein Halten mehr. Zum Schluss bat Susana Baca sogar für ihren Toningenieur um Applaus. Zartem Ohre halbes Wort - oder waren einfach nur die Monitore auf der Bühne durchgeknallt?

Roman Rhode

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