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Kultur: Traumklang

Der Kammermusiksaal feiert 25. Geburtstag.

So geht es auch. Am 28. Oktober 1987 wurde nach 23 Jahren Planungszeit der Kammermusiksaal der Philharmonie eröffnet – und gleich wieder für ein Jahr wegen Bauarbeiten geschlossen. Das ist gut für Berlins Regierenden Klaus Wowereit. Bei seinem Grußwort zum Festakt der Berliner Philharmoniker zum 25. Jubiläum des Saales hat er es leicht, die Anspielungen auf die auf den Tag genau in einem Jahr geplante Eröffnung des neuen Flughafens ironisch zu beantworten.

Man ist sich einig, eine architektonische wie künstlerische Erfolgsstory zu feiern. Dabei ist es keine Selbstverständlichkeit, dass der 1135 Zuhörer fassende Saal noch immer Kammermusiksaal heißt. Geplant war der von Scharoun skizzierte und von Edgar Wisniewski ausgeführte Bau für lediglich 600 Personen. Nur der exzellenten, wunderbar klaren und transparenten Akustik sowie den wie um ein Lagerfeuer gruppierten Sitzreihen unter dem Intimität fördernden Zeltdach ist es zu verdanken, dass man die schleichende Aufstockung nicht als künstlerische Kapitulation vor den ökonomischen Interessen von Agenturen und Veranstaltern werten muss. Auch dass der Saal durch Herbert von Karajan ausgerechnet mit Vivaldis Orchesterwerk „Die Vier Jahreszeiten“ eingeweiht wurde, kann man rückblickend als Vision empfinden. Schließlich sind es flexibel besetzte Ensembles unterhalb der traditionellen symphonischen Orchester- und Chorstärke, die sich in den vergangenen 25 Jahren in der alten wie in der neuen Musik als Träger von neuen Entwicklungen erwiesen haben.

Weil man beim Jubiläumsprogramm am Primat der Kammermusik festhält und den Fokus mutig auf Kompositionen legt, die hier uraufgeführt wurden, können die Philharmoniker am Jubiläumstag nicht die ganze Bandbreite der Besetzungen vorführen, denen der Saal seine Popularität verdankt. Dafür gelingt es ihren „12 Cellisten“ gleich zu Beginn, die Zuhörerschaft mit Arvo Pärts „Fratres“ zu bannen und mit einem magischen Pianissimo das Gefühl der Verbundenheit im intimsten Klang zu erzeugen. Isabel Karajan (die Schauspielerin und Tochter des legendären Dirigenten ist erstmals Gast der Philharmoniker) bewältigt als Sprecherin in ihrer reizenden Straßentheater-Inszenierung von Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ die anspruchsvolle Aufgabe, den Raum auch mit Sprache zu füllen.

Wirklich willig aber öffnet sich der Saal allen Experimenten, die den Raumklang ausloten. Angesichts der Aufmerksamkeit, mit der das Publikum den präzise gesteuerten und aus überraschendsten Richtungen ertönenden Klängen von Isang Yuns „Distanzen“ und Benedict Masons „igloos inclines isograms“ folgt, wünscht man sich, dass der Raum und die Philharmoniker noch öfter die Gelegenheit erhalten, diese gemeinsame Stärke auszuspielen. Carsten Niemann

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