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Kultur: Treppentaumel

Auftakt: Young Euro Classic im Konzerthaus

So ein Festival zu eröffnen, muss eine Freude sein. Das Konzerthaus ist ausverkauft, die Stimmung gelöst, und ein neu gegründetes Orchester erwartet sein Debüt. Doch vor den musikalischen Auftakt zu Young Euro Classic mit dem Festivalorchester Südosteuropa hat sich ein Ausläufer des protokollarischen Mittelgebirges geschoben. Natürlich ist es wunderbar, wenn sich junge Musiker aus Ex-Jugoslawien, deren Väter vielleicht noch aufeinander geschossen haben, zu einem Klangkörper zusammenfinden. Aber es sollte kein Staatsakt sein, sondern für sich selbst und durch die Musik sprechen. Nach einer halben Stunde des Wartens werden den Musikern Finger und Lippen klamm, und Heinrich Schiff, der das Orchester in den vergangenen Tagen geformt hat, animiert zu hemmungslosem Warmspielen nach den Kaltstart.

Das Programm ist ohnehin gewaltig: Neben Beethovens 5. Klavierkonzert und seiner 7. Sinfonie stehen zwei Uraufführungen auf dem Programm, von den jungen Komponistinnen Nina Senk aus Slowenien und Jelena Dabic aus Serbien. Eine Ballung, die eher diplomatisch denn programmatisch erscheint. Und doch kurze Schlaglichter auf echte Talente erlaubt. Senks „A moment before“ spricht mit seinem klangewordenen Warten den Zuhörern sowieso aus dem Herzen, während Dabics „Beethaphase“ mit rhythmusgetriebenem Breitwandsound ins Leben und seine Vergrößerungen drängt.

Heinrich Schiff hat seine jungen Musiker in der Probenphase sichtbar lieb gewonnen und teilt mit ihnen eine Herzensangelegenheit – Beethoven. Den Streichern hört man an, wie gut der Cellist Schiff sie unterstützen kann, während die Blechbläser mitunter nach Luft schnappen. Um sich vollends in die reißenden Strudel dieser Musik zu werfen, fehlt noch ein bisschen Sicherheit, die das leidenschaftliche, aber rhythmisch vage Taktieren des Maestros nicht ganz zu geben vermag. So taumelt man ins Freie, wo kühle Getränke auf Schinkels Freitreppe gereicht werden. Später spielen Geigen und Trommeln auf, es klingt nach alten Volksweisen. Eine Freude, so ein Festival zu eröffnen. Ulrich Amling

Noch bis zum 22.8., Informationen und Tickets unter www.young-euro-classic.de

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