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Trickfilm-Festival: Jenseits von Disney und Pixar

Das Trickfilm-Festival in Stuttgart gewinnt international an Bedeutung. Die diesjährigen Beiträge zeigen: die Grenzen zwischen Realfilm und Trick verschwimmen immer mehr.

Stuttgart - Trickfilme sind zwar irgendwo immer zu sehen - im Kino und im Fernsehen. Doch hat die Branche aus Sicht von Experten längst nicht die wirtschaftliche Bedeutung, die ihr zustünde. Um dies zu ändern, lassen die Organisatoren das Internationale Trickfilm Festival in Stuttgart nun jährlich stattfinden und planen sogar eine eigene DVD-Edition mit den besten Filmen. Das Publikumsfestival, das am Donnerstagabend eröffnet werden sollte und bis zum bis 2. Mai dauert, ist auch Branchentreff und als solches auf dem Weg, das bisher weltweit größte Festival im französischen Annecy zu überholen. In diesem Jahr stehen rund 500 Filme aus rund 50 Ländern auf dem Programm. Zur 13. Spielzeit werden mehr als 40 000 Gäste erwartet.

Das Spektrum reicht vom Kurzfilm bis zum abendfüllenden Kinostreifen. «Es gibt immer mehr Arbeiten, die sich mit schweren Konfliktstoffen auseinander setzen statt mit Lustigem zu unterhalten», sagt Ulrich Wegenast, der künstlerische Leiter des Festivals. Auffallend sei auch, dass Trickfilm in Musikclips wieder stark im Kommen sei.

Althergebrachte Produktionen aus Zeichnungen mit Tinte, Tusche, Malerei, Kreide, Knet- und Puppenanimation und Legetechnik sind dabei deutlich in der Minderheit der aus rund 1500 Einsendungen ausgewählten Beiträge. Die meisten Filmemacher nutzen immer ausgefeiltere Computeranimation, um ihren Figuren lebensechte Charakterzüge zu verleihen. Das geht mit der Technik nicht nur schneller, sondern bringt auch künstlerisch Hochwertiges hervor, wie Wegenast sagt.

Das Festival zeigt, dass die Grenzen zwischen Realfilm und Trick mehr und mehr verschwimmen. Dabei steht die Kunst, Geschichten zu erzählen - egal mit welchen Tricks - im Mittelpunkt. Die Ergebnisse sind etwa in dem erstmals angesetzten Sonderwettbewerb Serien und in dem deutlich ausgebauten Langfilmwettbewerb zu sehen. Hier dominieren nicht wie sonst Blockbuster von Disney und Pixar («Monster AG») und Blue Sky («Ice Age»), stark vertreten sind neben den Amerikanern vor allem asiatische und französische Produktionen.

Um neben den eingefleischten Trickfilmfans neues Publikum anzulocken, hat die öffentlich-rechtliche Film- und Medienfestival GmbH die frühere Biennale diesmal für rund 650 000 Euro in die Innenstadt-Kinos geholt. «Es geht um die ganze Palette des Trickfilms vom Märchenfilm für Kinder bis zum Gewalt- und Sexfilm, vom Kunstprojekt bis zum Kommerzfilm», sagt Wegenast.

200 Filme gehen in fünf Wettbewerbskategorien ins Rennen um 50 000 Euro Preisgeld. Weitere 300 Streifen laufen in Sonderprogrammen. Dazu gehören der «Focus Südkorea» und ein von der Britin Clare Kitson verantworteter Block mit den «besten Trickfilmen aller Zeiten». Retrospektiven sind den Jurymitgliedern Lutz Dammbeck («Herzog Ernst», 1993), Konstantin Bronzit, den Oscar-Preisträgern Benjamin Adam Elliot und Chris Landreth und Priit Pärn gewidmet wie auch dem «deutschen Disney» Hans Fischerkoesen (1896-1973).

Studios wie Frankreichs führendes Animationshaus Les Armateurs und das Gonzo Studio aus Tokio sowie das Studio 88 Baden-Baden präsentieren sich. Und bei den Schulpräsentationen stellen sich unter anderem die Kunstakademie im finnischen Turku, die Kunsthochschule Kassel und die Ludwigsburger Filmakademie Baden-Württemberg vor. Ein ebenfalls neuer Produzententag lotet aus, wie Animationsfilme etwa über Mobiltelefone, interaktive Anwendungen und das Internet noch besser zu vermarkten sind. Und im Anschluss an das Festival stellen Animationsstudios, Produktions- und Effekthäuser, Spielentwickler und Produktionsfirmen bis 6. Mai auf der Internationalen Konferenz «fmx/06» ihre Arbeit vor. (Von Ulf Mauder, dpa)

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