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Kultur: Turtelzauber

Im Kino: „Tatsächlich Liebe“ mit Kitsch und Hugh Grant

Von Susanna Nieder

Englische Hochzeitskuchen könnten eigentlich genießbar sein. Leider sind sie von einer dicken Lage Marzipan und einer tonnenschweren Zuckerschicht umhüllt. So ähnlich verhält es sich mit „Tatsächlich Liebe“, dem neuen Film des britischen Traumteams, das mit „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Notting Hill“ und „Bridget Jones“ einen Triumph nach dem anderen gelandet hat. Wieder hat Richard Curtis das Drehbuch geschrieben und den Film produziert, wieder wurde eine Phalanx von bewährten Schlachtrössern – Hugh Grant, Emma Thompson und Liam Neeson – mit Jungstars wie Keira Knightley zusammengespannt. Doch die bewährte bittersüße Mischung ist diesmal mit so viel Zucker angerührt, dass man sich saure Gurken, Hering und mindestens vier Todesfälle wünscht.

Dabei fängt es lustig mit einer Verballhornung von „Love is all around you“ an. Der Hit aus „Vier Hochzeiten“ wird vom abgehalfterten Popstar Billy Mack (Bill Nighy) zum trashigen Weihnachtsschlager umfunktioniert. So beginnt der beste Erzählstrang, in dem der Popzombie durch schlechtes Benehmen die Charts stürmt. Leider gibt es aber noch: die Liebesgeschichte zwischen Hugh Grant und Martine McCutcheon, die zwischen Colin Firth und Lucia Moniz, die zwischen Laura Linney und Rodrigo Santoro, die zwischen Thomas Sangster und Elisha Cuthbert.

Natürlich sind auch ein paar gelungene Szenen dabei: Wie Alan Rickman versucht, ein Geschenk für seine ultrasexy Vorzimmerdame (Heike Makatsch) zu ergattern, bevor seine Gattin (Emma Thompson) ihn erwischt, ist saukomisch – weil Rowan Atkinson ihn als Verkäufer mit seinen ungewöhnlichen Verpackungskünsten fast zum Wahnsinn treibt. Die Idee, Hugh Grant den britischen Premierminister spielen zu lassen, ist so gaga, dass man auch darüber lachen kann. Geradezu unglaublich albern wirkt allerdings die Szene, in der er dem US-Präsidenten (Billy Bob Thornton) auf einer Pressekonferenz die Freundschaft aufkündigt – nicht etwa, weil Großbritannien endlich den selbst gewählten Vasallenstatus leid ist, sondern, weil der Ami sich ans Serviermädchen (Martine McCutcheon) rangemacht hat.

Und so geht das weiter. Der Spaß wird immer dünner und versiegt zusehends, während das Publikum mit mindestens drei groß angelegten Happy Ends in Form eines Wettrennens, eines Volksauflaufs mit öffentlichem Heiratsantrag sowie eines Kusses hinter alsbald gelüfteten Kulissen traktiert wird. Der Zuckerschock vom Weihnachtsgebäck ist gar nichts dagegen.

In Berlin in 24 Kinos, OV im Cinemaxx Potsdamer Platz und im Cinestar Sony-Center

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