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Kultur: Über Divenpower und starsatte Viertelstunden

Diejenigen, die sich am letzten Sonntag nicht für einen Osterausflug, sondern für die Indoor-Alternative "Parsifal" in der Deutschen Oper entschieden hatten, erlebten etwas ganz Besonderes: Denn Doris Soffels Rollendebüt als Kundry geriet schlichtweg sensationell. Der zweite Akt, in dem das sündige Weib, die "Urteufelin, Höllenrose" (das ist nun mal Wagner) versucht, Parsifal zu becircen, war so intensiv, leidenschaftlich und erotisch, wie man ihn nur selten zu hören bekommt.

Diejenigen, die sich am letzten Sonntag nicht für einen Osterausflug, sondern für die Indoor-Alternative "Parsifal" in der Deutschen Oper entschieden hatten, erlebten etwas ganz Besonderes: Denn Doris Soffels Rollendebüt als Kundry geriet schlichtweg sensationell. Der zweite Akt, in dem das sündige Weib, die "Urteufelin, Höllenrose" (das ist nun mal Wagner) versucht, Parsifal zu becircen, war so intensiv, leidenschaftlich und erotisch, wie man ihn nur selten zu hören bekommt. In der Intensität ihres Singens ihrer altmodischen Gestensprache wirkte Soffel wie eine Nachfahrin der großen Wagnersängerinnen von einst, einer Martha Mödl oder Astrid Varnay. Das allein hätte schon gereicht, den Abend zu den zehn Prozent zu rechnen, die über die normale Einer-besser-einer-schlechter-Routine hinausragen. Dass außerdem noch mit Robert Dean Smith ein frischer, im zweiten Akt zu großer Form auflaufender Parsifal zur verfügung steht und Lazlo Polgar die meist ziemlich dröge Gurnemanz-Rolle zu einem anrührenden Porträt eines alternden Schöngeists macht, dass das Orchester unter Christian Thielemann so schön spielt wie selten, das alles lässt die zweite Vorstellung am 30. April vollends zum must für jeden Opern- und Wagnerfan werden (30. 4.).

Ob auch die Wiederaufnahme von Verdis "Macbeth" zu diesen zehn Prozent Top-Oper gehören wird, kann man natürlich erst im Nachhinein sagen, das Ereignis einer Vorstellung lässt sich selbst bei gleicher Besetzung nicht automatisch wiederholen (Es kann ja auch sein, dass der zweite "Parsifal" abstürzt, den Versuch ist es aber wert). Für den "Macbeth" ist die Konstellation an der deutschen Oper immerhin günstig: Das Loblied auf den Super-Verdi-Bariton Lado Ataneli, der den Macbeth singen wird, wurde an dieser Stelle schon öfter gesungen. Inzwischen ist längst klar, dass der neue Hausstar der deutschen Oper nicht lange erhalten bleibt: Neben regelmäßigen Auftritten an Scala und Covent Garden hat sich Ataneli ab 2003 fest an die Met verpflichtet und wird wohl nur noch gelegentlich in Berlin vorbeischauen. Umso mehr Grund, ihn jetzt zu hören und nachzuprüfen, ob Luca Ronconis zwanzig Jahre alte und zuletzt vor sechs Jahren gezeigte Inszenierung noch Aussagekraft besitzt (28. 4., 1. und 4. 5.).

Die Lady Macbeth ist eine der Rollen, die man nur zu gerne von Julia Varady gehört hätte, doch das ist jetzt Schnee von gestern. Die Lady hat sie nur anderswo gesungen und seit einigen Jahren ist Varady nur noch gelegentlich als Konzertsängerin zu erleben. Das Verdi-Requiem mit dem Deutschen Symphonie-Orchester und dem Philharmonischen Chor werden Etliche schon allein ihretwegen besuchen (Philharmonie, 29. u. 30. 4.). Auch wenn für den Stimmfan die Genussausbeute im Oratorium eigentlich immer zu gering ist. Eine Arie, ein Duett und noch ein, zwei Mal im größeren Ensemble mitsingen, damit hat es sich dann meist. In Beethovens Neunter ist die Glanzmöglichkeit für die Solisten sogar noch geringer und die Besetzung, die sich die Philharmoniker für ihr Europa-Konzert in der Philharmonie am ersten Mai zusammengekauft haben, ist unter diesem Gesichtspunkt purer Luxus: Während die knappen Besetzungsetats der Opernhäuser oft nur Second-Best-Lösungen zulassen, trifft hier mit Karita Mattila, Violeta Urmana, Thomas Moser und Eike Wilm Schulte fast eine ganze "Lohengrin"-Topbesetzung zusammen. Und das für nicht mal eine Viertelstunde Musik.Aus der Serie "Sotto voce"

Aus der Serie \"Sotto voce\"

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