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"Überraschen Sie mich!": Volker Schlöndorff trauert um Claude Chabrol

Es trifft mich wie ein Verlust: Ich hätte Claude Chabrol so gerne noch mal und überhaupt gern öfter gesehen. Zu spät.

Ein Verlust: Ich hätte ihn so gerne noch mal und überhaupt gern öfter gesehen. Vor einem halben Jahrhundert, in der Cinémathèque in Paris, war er allabendlich der Lustigste, der alle ideologisch-ästhetischen Debatten mit seinem ansteckenden Witz entkrampfte. Sein Debüt „Die Enttäuschten“ in der Aula der Sorbonne uraufgeführt, wirkte wie eine einzige Frechheit.

Die Sorglosigkeit in der Machart war halb gewollt, halb Dilettantismus.

Aus der Not des Autodidakten hat er schnell eine Tugend gemacht. Wer sagt denn, dass es andere

Regeln gibt, als unterhaltsam zu sein? Kann man überhaupt nach Regeln

unterhaltsam sein? Überraschen muss man, das ist alles. Das war der ChabrolTouch: immer neu hinsehen auf die Menschen und wie sie sich verhalten, immer was Komisches, Widersprüchliches, Wahres an ihnen entdecken. Der Metzger, der statt einem Blumenstrauß eine Hammelhaxe,in buntes Papier gewickelt, der schönen Stéphane Audran überreicht, das war Chabrol.

„Surprenez-moi!“ Überraschen Sie mich: Das war seine liebste Regieanweisung an Schauspieler.

„Ich lehne nie ein Angebot ab“, sagte er mir mal, um zu erklären, warum in seinen frühen Jahren viele seiner Filme „nix“ waren. Einfach: Die Methode hat ihn weit gebracht und uns

Dutzende von sehr guten

Filmen beschert – immer

in seinem französischen Milieu. Die Drehorte soll er nach der Qualität des gastronomischen Angebots ausgewählt haben. Genießen konnte er! Aber dass er nicht „gesund“ gelebt hat, ist doch kein Grund zum Sterben. Salut, Claude!

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