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Kultur: Um die Ecke

Irrwege: Andreas Schmid im Haus am Lützowplatz

Gute Zeichnungen bannen den Blick. Aus Skizzen von Andreas Schmid findet man schwer heraus, dabei sind sie Nebenprodukte. Das Haus am Lützowplatz zeigt sie in der Studiogalerie: zittrig getuschte Kalligrafien, Breitwandpanoramen mit Horizonten aus Tesakrepp oder Linien, die nur Rasiermesserschlitze auf weißem Papier sind. Die Hauptattraktion aber ist Schmids Installation in den Vorderräumen des Gründerzeithauses, das seit 1963 ein Ort der zeitgenössischen Kunst ist. Stars wie Warhol, Dubuffet, Newman waren hier zu Gast. Seit den Neunzigern bietet der Trägerverein vor allem jungen Künstlern die in Berlin rar gewordene Möglichkeit einer Einzelausstellung.

Ausgehend von einem „Grundklang“ des Ortes, präsentiert Schmid den Ausstellungsraum selbst. Er bringt die Innenarchitektur aus der rechtwinkligen Fassung, verdreht mit einer Extra-Wand das Raumgefüge und lässt den hintersten Raum aus dem Lot kippen, indem er die Wände (genauer: die Tapete) auf den Boden „herabzieht“. Die Geraden, die Schmid mit Klebeband oder Farbe zieht, spotten dem rechten Winkel, bilden Ariadnefäden, die den Betrachter um Ecken locken.

Das Wechselspiel zwischen innen und außen zeigt sich vor allem tagsüber, wenn sich Außenlicht und eine Neoninstallation vereinen. „Light Artists“ Schmid beeinflusst. Die Formensprache des Minimalisten Judd erlernte er als „Artist in Residence“ auf dessen texanischer Kunst-Ranch. Noch prägender waren Lehrjahre in China, obwohl die Nähe zu ostasiatischer Schreibkunst kaum aus „Zeichnungen“ mit Neon, Klebeband und Farbstreifen im Raum herauszulesen ist. Einzige Kalligrafie der Ausstellung ist die Erosionsspur in einer chinesischen Steinwüste – als Fototapete in die Installation integriert. „Taklamakan“ heißt die Einöde. Zu Deutsch: „Einer, der hineingeht und nicht mehr herauskommt“.

Lützowplatz 9, bis 13. 5., Di.–So. 11–18 Uhr. Am 26. 4., 19 Uhr, Künstlergespräch.

Jens Hinrichsen

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