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Unwort des Jahres: Menschenmaterial an den Herd

Wer die Unwörter des Jahres seit 1991 betrachtet, der erkennt, dass die Würde des Menschen oft durch Radikalismus verletzt wird – auch durch den Radikalismus eines ungezügelten Kapitalismus. Ein Untext von Carsten Kloth.

"Was aus der Maschine Kapitalismus zerbrochen und unnütz durch den Rost auf die Aschenplatte fällt, ist auch Menschenmaterial." So hieß es bereits 1920. Es ist somit nicht nur der Krieg, in dem die Tötung Unschuldiger als Kollateralschaden angesehen wird, es sind nicht nur religiöse Extremisten, für die der Verlust von Gotteskriegern nur Peanuts sind. Es ist mitunter auch der ungezügelte Kapitalist, der die Würde des Menschen verletzt, während er sich selbst eine Diätenanpassung gönnt.

Die Aneignung von Fähigkeiten, Fertigkeiten sowie von Wissen dient dem Menschen nicht zur eigenen Erbauung, sondern nach Ansicht der angelsächsisch geprägten Ökonomik vor allem dem Zweck, eine wirtschaftlich verwertbare Tätigkeit auszuüben. Er ist für den Arbeitgeber Humankapital, sofern er nicht in Form einer Ich-AG sein eigener Herr ist. Im letzteren Fall ist es allerdings schwer, eine Entlassungsproduktivität zu generieren.

Wer jedoch nicht arbeiten kann und mehr Kosten als Nutzen verursacht, der wird zu Wohlstandsmüll. Aus Sicht radikaler Kapitalisten ein Problem wie die Rentnerschwemme, das am besten durch ein sozialverträgliches Frühableben gelöst werden könnte. Dabei geht es um das Entfernen von störenden Menschen aus einem möglichst reinen System – einem System wie eine national befreite Zone, in der das Tätervolk eine ethnische Säuberung durchführt oder zumindest die Freiwillige Ausreise erzwingt, damit es angesichts einer scheinbaren Überfremdung komplett ausländerfrei wird. Und auch mit einer Herdprämie ließe sich weiteres Menschenmaterial aus dem System entfernen.

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