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Kultur: Verlorene Töne

Hans Gáls „Heilige Ente“ in den Sophiensälen.

„Schlicht – positiv – emotional – tonal: Gál.“ So lautet der Slogan, mit dem die Besucher von Hans Gáls 1923 uraufgeführter Erfolgsoper „Die heilige Ente“ in den Sophiensälen begrüßt werden. Gál (1890 – 1987) gehört zu jener verlorenen Generation von Komponisten, die in der Weimarer Republik als progressiv galten, dann von den Nationalsozialisten verfolgt wurden und – sofern sie überlebten – nach dem Krieg nicht mehr an ihre Erfolge anknüpfen konnten, weil sie den radikalen Bruch mit der Tradition ablehnten. Auch in der reduzierten Fassung für Klavier mit dem hochenergetischen Antonis Anissegos bietet „Die heilige Ente“ einen lohnenden Blick auf eine zu Unrecht unterbelichtete Seite des Musiklebens jener Zeit.

Ob das Stück im Repertoire eine Chance hat, bleibt nach der Inszenierung von Solvejg Franke jedoch fraglich. Die in einem märchenhaften China angesiedelte absurde Komödie, in der gelangweilte Götter durch den Tausch von Gehirnen Moral und Standesgrenzen der Menschen ins Wanken bringen, um sich dann von ihnen zurückzuziehen, mag in der Weimarer Republik einen Nerv getroffen haben. Bei der Neudeutung versucht es Franke mit Stilisierung und sparsamer Ausstattung, aber es gelingt ihr nicht, der Parabel neue Kraft einzuhauchen und die typisierten Gestalten in Charaktere zu verwandeln. Sie bleibt auf einem faden Mittelweg und schöpft nicht einmal das erhebliche blasphemische Potenzial des Stückes aus.

Uneingeschränkt empfiehlt sich dagegen das Sängerensemble, insbesondere der differenzierte und präsente Bariton Thorbjörn Björnsson in der Rolle des Mandarin. Carsten Niemann

Sophiensäle, noch einmal am heutigen 11. sowie am 12. September, jeweils 20 Uhr

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