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Düstere Musik, düstere Typen: The Bug und Dylan Carson.

© CTM-Festival

CTM-Finale im Heimathafen Neukölln: Vollbärtige Apokalyptiker

Zum Abschluss des CTM-Festivals: Kevin Martin alias The Bug und Dylan Carlson gehen im Heimathafen Neukölln schonungslos ans Werk.

Furcht, Zorn, Liebe – seit zehn Tagen stehen beim Club-Transmediale-Festival die Emotionen im Mittelpunkt, und wie es sich gehört, hat der Zorn seinen Höhepunkt zum Schluss des Festivals im rappelvollen Heimathafen Neukölln. Musikalisch kommen an diesem Abend zwei sich immer mal wieder annähernde Pole zusammen: dunkelste Elektronik, repräsentiert von dem Londoner Kevin Martin alias The Bug, der einst als Mitglied von God mit sperrigem Freejazz begann, bevor er mit Techno Animal und schließlich als The Bug Industrial, HipHop, Dubstep und Ragga zu einer Legierung extremen Härtegrades fusioniert hat. Und düsterer Drone-Doom-Metal von dem einstigen Earth-Musiker und Feedbackmeditator Dylan Carlson aus Seattle.

Schonungslos gehen die beiden Musiker im Heimathafen ans Werk und generieren im dunkelroten Bühnenlicht einen finsteren, aber energiefreisetzenden Trip. Dylan Carlson, der sich nach einer drogenbedingten Auszeit zuletzt mit staubigen Wild-West-Anleihen zum „Ennio Morricone des Doom-Metal“ (Pitchfork) gemausert hat, entlockt seiner Gitarre ein abgrundtiefes Vibrato, das auf wundersame Weise mit den verhallten Bollerbeats von Kevin Martin korrespondiert, die wie aus feuchten Kellern nach oben schallen, so geisterhaft und dumpf, als hätte man ein Blutgerinnsel im Ohr.

Alles summiert sich aufs Knurrigste

Mit seinem struppigen Langhaar und dem grauen Rauschebart sieht Carlson aus wie ein totgeglaubter Desperado, der seit hundert Jahren durch die Wüste stapft und seine Gitarre in einem Sarg hinter sich herzieht. Genüsslich reißt er Akkorde an, knetet er Drones und verbiegt das Feedback. Kevin Martin dagegen, der andere Vollbartträger und Apokalyptiker, wirkt mit seiner tief ins Gesicht gezogenen Baseballkappe und der darübergezogenen Hoodie-Kapuze wie ein heimatloser Straßenkämpfer, der im Dunkeln geheimnisvolle Zeichen an die Wände kritzelt und Eisenstäbe über den Hof kickt.

Dabei verschmelzen ihre Handschriften auf denkbar gelungenste Art und Weise. Alles summiert sich hier aufs Knurrigste: bleischwere Gitarrenriffs, bullige Rückkopplungen, plutonisch knarzende Dub-Salven. Dazwischen scheint es ruhig zu werden, würde da nicht eine grummelnde Tonspur mitlaufen, knirschend, sägend. Dann geht es wieder rein ins Feuer: überquellend laut, schleppend, bollerig, heavy.

Es zischt und brummt und grollt, und über und zwischen der pfeifenden Elektronik und dem kreischendem Gitarrensound erklingt immer wieder ein mechanisches Klacken. Die Schallwellen durchfluten den Raum, und das pulsierende Dauergehämmer bringt einen Teil des Publikums wie stampfende Zombies in Bewegung. Furcht? Zorn? Liebe? Egal, das Geschirr im Regal des Oberstübchens zittert noch immer.

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