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The Stages of Staging von Alexandra Bachzetsis

© Melanie Hoffmann

Identitäts-Athletik beim Festival „Tanz im August“: Vom realen Irrwitz der Muckibuden

Yoga, Seilspringen, Boxen und Liegestütze: Beim Festival "Tanz im August" gab es die bisher schweißtreibendste Aufführung von der Schweizer Choreographin Alexandra Bachzetsis. Mit ihrer Identitäts-Athletik nimmt sie den grassierenden Fitnesswahn aufs Korn.

Von Sandra Luzina

Die Sophiensäle haben sich in ein Fitness- Studio verwandelt. Blaue Matten und Bälle liegen auf der Bühne. Zehn Performer absolvieren ihr Work-Out in „Stages of Staging“ von Alexandra Bachzetsis, der schweißtreibendsten Aufführung beim Festival „Tanz im August“. Die verschiedenen Formen der Körperertüchtigung werden ausgestellt. Ob Yoga, Seilspringen, Boxen oder Liegestütze: Wer sich triezt, hat mehr Spaß – was hier nicht stimmt.

Die Performance der Schweizer Choreografin nimmt den grassierenden Körperkult und Fitnesswahn aufs Korn, doch der Erkenntnisgewinn an diesem Abend ist gering. An den realen Irrwitz der Muckibuden, in denen nicht nur an den Sixpacks, sondern an der Selbstoptimierung gearbeitet wird, reicht die Trainingsstunde auf der Bühne nicht heran.

Dass heute alles Inszenierung ist, darum geht es in allen Arbeiten von Alexandra Bachzetsis. Sie hat sich immer wieder mit den visuellen Codes der Popkultur beschäftigt und dabei die stereotypen Weiblichkeitsbilder ins Visier genommen. Oft arbeitet sie mit vorgefundenen Posen, etwa aus Youtube-Videos. „Stages of Staging“ will zeigen, wie die Bilder produziert werden, die einer normativen Ästhetik gehorchen. Also trällern drei der Performer vor der Videokamera einen bekannten Popsong: Alexandra Bachzetsis selbst in silbernen Pants macht einen auf Pop-Diva und räkelt sich in lasziven Posen. Alles ist nur die Kopie der Kopie. Doch das Stück mit seinen vorgestanzten Bewegungen bleibt an der Oberfläche. Die Identitäts-Athletik ermüdet bald.

Vertanzter Existentialismus mit Tânia Carvalhos "Sincopa"

Die portugiesische Choreografin Tânia Carvalho dagegen fesselt in „Sincopa“ durch ihren eigenwilligen, überaus expressiven Bewegungsstil. Ihr Solo, dass im HAU 3 zu sehen war, zeichnet sich durch eine schöne Ernsthaftigkeit aus. „Sincopa“ ist vertanzter Existentialismus. Carvalho stakst auf hohen Absätzen durch das Dunkel, nur für Minuten bewegt sie sich in einem Lichtkreis. Anfangs erinnern die Grimassen, die verzerrte Gestik an den Stummfilm, dann lassen ihre mal sperrigen, mal schlaffen Armbewegungen an eine Marionette denken. Das Leben, so sieht es Carvalho, ist ein langsames, unaufhaltsames Sterben.

Überforderung der Zuschauer beim Männerduo „Eifo Efi“

Fabrice Mazliah und Ioannis Mandafounis sind sich 2005 in der Company von Bill Forsythe begegnet. Beim „Tanz im August“ zeigen sie das Männerduo „Eifo Efi“, in dem gleichzeitig gesprochen und getanzt wird. „Eifo Efi“ ist eine bewusste Überforderung der Zuschauer. Anfangs ergießt sich ein Redeschwall über das Publikum, beide Männer erzählen atemlos von unterschiedlichen Begegnungen. Die Wahrnehmungen überlagern sich, während ihre Wege und Gesten sich kreuzen. Immer mehr verausgaben sie sich in Bewegungen, die betont ungeschliffen sind, und rücken sich dabei auf die Pelle. Wenn sie ihre Glieder verschränken, lässt einen das an das Zusammenbauen eines Ikea- Möbels denken. Letztlich passt hier nichts zusammen, die banalen Texte und die Bewegungen. „Eifo Efi“ hat einen verqueren Witz, doch die heißlaufende Sprechmaschine nervt auch.

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