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Kultur: Von wegen jwd

Wohnen in Hohenschönhausen? Da denken viele an Plattenbauten und Punkthochhäuser.

Wohnen in Hohenschönhausen? Da denken viele an Plattenbauten und Punkthochhäuser. Doch Hohenschönhausen hat auch andere Seiten: Kürzlich wurde am Schweriner Ring die Eigenheimsiedlung "Am Hechtgraben" fertig gestellt, die neue Wege beschreitet.

Schon bei der Standortwahl hat der Bauherr, die Wohnungsbaugesellschaft "Stadt und Land", Mut bewiesen. Denn im Norden der Wohnanlage beginnt zwar der Landschaftspark Wartenberger Feldmark, der eine anmutige Mischung aus Feldern, Wiesen, Baumalleen und Teichen bietet, im Süden aber schließen sich die fünfgeschossigen Plattenbaublöcke der Großsiedlung Hohenschönhausen an, die noch immer mit einem Negativimage zu kämpfen hat. Das städtebauliche Gesamtkonzept, das von dem Berliner Büro Dubach / Kohlbrenner stammt, meistert diese Lage mit Bravour.

Die 28 Reihenhäuser sind in vier parallelen Reihen angeordnet und bilden einen harmonischen Übergang zu den Plattenbaublöcken. Zugleich öffnen sich die Häuserzeilen gegenüber dem Grün des nördlich gelegenen Landschaftsparks. Das Ergebnis ist eine Wohnidylle, in der sich Natur und Siedlung gegenseitig durchdringen. Und weil die Häuser auf einer kleinen Anhöhe platziert wurden, bieten sie attraktive Ausblicke auf die benachbarten Felder und Wiesen.

Die Architektur der Reihenhäuser nach Entwurf des Berliner Büros von Eckart Schmidt nimmt ebenfalls auf die Umgebung Bezug. Die schlichten, mit Pultdächern versehenen Gebäudequader harmonieren mit den kantigen Formen der benachbarten Plattenbaublöcke. Die Farbe der Häuser orientiert sich dagegen an den Tönen der Landschaft: Der weinrote Putz der unteren Etagen und die hellgrüne Holzverkleidung der Dachgeschosse greifen die Farben der Wiesen und Bäume auf. Dank dieser Ästhetik ergibt sich ein sanfter Übergang zwischen den Fünfgeschossern und der Natur.

Im Innern haben die Häuser auf Flächen zwischen 118 und 128 Quadratmetern fünf Zimmer. Die Grundrisse bieten zwar keine besonderen Finessen, überzeugen aber durch Funktionalität. Um die Wohnräume so großzügig wie möglich bemessen zu können, wurden Nebenräume wie etwa Flure auf das Nötigste beschränkt. Eine Attraktion sind die großen Dachterrassen, von denen man einen schönen Blick auf die angrenzende Landschaft genießen kann. Zudem ist jedem Haus ein 92 bis 216 Quadratmeter großer Garten zugeordnet.

Die Nähe der Wohnanlage zur Großsiedlung, die anfangs auf Skepsis stieß, erweist sich heute als Vorteil. Denn Hohenschönhausen bietet nicht nur Supermärkte, Schulen und Kindergärten, sondern auch Einkaufspassagen, ein Multiplexkino und einen S-Bahn-Anschluss. Deshalb steht den Reihenhausbewohnern eine Infrastruktur zur Verfügung, von der Eigenheimbewohner anderenorts oft nur träumen können.

Die Wohnanlage "Am Hechtgraben" ist aber auch in anderer Hinsicht bemerkenswert. Denn bis Mitte der neunziger Jahre stand hier eine Kindertagesstätte, die schließen musste und später abgerissen wurde. Die Leerfläche stieß bald auf neues Interesse. Schließlich handelte es sich um voll erschlossene Baugrundstücke. Hier waren die Strom-, Wasser- und Kanalisationsleitungen bereits vorhanden, die anderswo erst hätten gelegt werden müssen.

Die Abrissflächen boten die Chance, kostengünstige Einfamilienhäuser mit Gärten zu bauen, die bei Familien besonders gefragt sind. Mit dem Bau der Wohnanlage wurde diese Chance genutzt. Denn dank der niedrigen Erschließungskosten können die Eigenheime zu Preisen zwischen 349 000 und 437 000 Mark angeboten werden.

Reihenweise Schnäppchenpreise

Und das Beispiel "Am Hechtgraben" beginnt, Schule zu machen. Ein Stück weiter, am Hagenower Ring, baut derzeit die Wohnungsbaugesellschaft "Howoge" eine Siedlung. Auch diese Eigenheime sind sehr kostengünstig. Die Häuser, die eine Wohnfläche zwischen 96 und 114 Quadratmetern anbieten, sind zu ähnlichen Preisen wie diejenigen "Am Hechtgraben" zu haben. Ähnliche Eigenheimsiedlungen baut die "Howoge" am Rande der Plattensiedlung MarzahnWest. Am Geraer Ring entstehen derzeit 25 Reihenhäuser, während in der Siedlung Falkenwiese an der Marie-Elisabeth von Humboldt-Straße 184 Häuser geplant sind. Auch diese Siedlungen bieten dank der Nähe zu Plattenbauviertel und S-Bahn ein gutes Verkehrs- und Einkaufsangebot zu niedrigen Preisen: knapp 300 000 Mark.

Diese Beispiele zeigen, dass die Symbiose von Plattenbauvierteln und Eigenheimsiedlungen durchaus fruchtbar sein kann. Die Eigenheimbesitzer gewinnen attraktive Einfamilienhäuser zu günstigen Kosten. Die Großsiedlungen entwickeln sich schrittweise von Monostrukturen zu vielfältigen Stadtteilen. Und Berlin kann die Stadtflucht in das Umland eindämmen.

Matthias Grünzing

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