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Das Deutsche Historische Museum nimmt das erste Mal teil.

© Mike Wolff

#MuseumWeek: Von wegen verstaubt

In der #MuseumWeek bieten Ausstellungshäuser neue Einblicke, per Internet und Twitter, vor und hinter den Kulissen - auch in Berlin. Die meisten von ihnen sind fleißig dabei.

Es ist ein gewaltiger Zuwachs im Vergleich zum letzten Jahr. Statt mit 630 hat am Montag mit weltweit 2207 Teilnehmern die zweite #MuseumWeek auf der Website des Online-Nachrichtendienstes Twitter begonnen. In Deutschland beteiligen sich 74 Museen an der „Woche der offenen Tür“, ein Großteil davon aus Hamburg, München und Berlin.

In der Hauptstadt sind es 13 Ausstellungshäuser: Angemeldet sind neben dem Deutschen Historischen Museum, das in diesem Jahr zum ersten Mal teilnimmt, auch der Martin-Gropius-Bau, das Haus der Kulturen der Welt, das Jüdische Museum, das Stadtmuseum mit der WEST-Berlin-Ausstellung, das DDR-Museum, die Dalí-Ausstellung am Potsdamer Platz, das NS-Zwangsarbeit-Dokumentationszentrum der Stiftung Topographie des Terrors, das Computerspielemuseum, der Me Collectors Room der Stiftung Olbricht, das Game Sciene Center und das Currywurst-Museum. Außerdem beteiligt sich die Stiftung Haus der Geschichte mit Meldungen aus den Standorten Bonn, Berlin und Leipzig. Auf Museen verweisende Organisationen wie die Lange Nacht der Museen oder visitBerlin, sowie das Museumsportal Berlin twittern ebenfalls.

 Von Spionagewanzen bis zum geheimen Soßenrezept

Und sie sind fleißig. Unter dem Hashtag #secretsMW vom Montag bieten die Museen den potenziellen Besuchern Einblicke in ihre tägliche Arbeit: Auf Fotos können der Transport von Ausstellungsstücken, Putzarbeiten im Museumsgebäude und der Kontrollgang vor der morgendlichen Öffnung der Ausstellung verfolgt werden. Das Game Sciene Center stellt auch das Personal und den Gründer vor. Darüber hinaus lüften die Ausstellungsräume interne Geheimnisse, so verrät etwa das DDR-Museum, dass sich im Haus eine Wanze versteckt. Dadurch können Gespräche, die im nach gebauten DDR-Wohnzimmer geführt werden, belauscht werden. Das Jüdische Museum lockt mit einem aus Auschwitz geschmuggelten Brief, während das Deutsche Historische Museum Einblicke in die Restaurierungsarbeiter biozidbelasteter Objekte bietet und das Game Sciene Center die kommenden Ausstellungsstücke vorstellt. Und das Currywurstmuseum lüftet das Geheimnis des 1949 von Herta Heuwer entwickelten Soßenrezeptes – leider dann doch nicht. 

Das perfekte Beispiel für die Strategie des Ganzen. Große Enthüllungen werden – wenn überhaupt – nur in einem Satz angedeutet. Das soll den Besucher neugierig machen und Gründe liefern, die Ausstellung auch real zu erleben. Die Museumsbetreiber treten zusätzlich in den interaktiven Kontakt mit dem Zielpublikum, etwa in dem sie nur den Ausschnitt eines Gegenstandes ins Netz stellen und anschließend fragen, ob jemand das Ausstellungsstück erkennt.

Souvenirs, Museumsarchitektur und Besucherinspirationen

Interaktiv geht es auch am Dienstag zu, beim Thema Souvenir. Neben Einblicken in die Museumsshops finden Wahlen des beliebtesten Souvenirs statt, seitens der Kunden und der Mitarbeiter. Das geht von den klassischen bunten Berliner Bären, über das koschere Gummibärchen bis zum eigenen Bunten Verdienstkreuz. Das Currywurstmuseum stellt außerdem sein Maskottchen vor: Die Stoffcurrywurst QWoo.

Am Mittwoch dreht sich dann alles um die Architektur der Museen, zu lesen auf Twitter unter dem Hashtag #architectureMW. Hier beteiligt sich erstmals der Martin-Gropius-Bau an der Twitter-Aktion, in dem er seine aktuelle Architektur-Ausstellung Wchutemas bewirbt. Das Jüdische Museum widmet viel Aufmerksamkeit seinem Libeskindbau, ein architektonisch außergewöhnliches Gebäude.

Kreativität statt Geometrie ist am Donnerstag gefragt: Die Berliner Museen präsentieren Werke von Besuchern, etwa aus der Kunstwerkstatt des Deutschen Historischen Museums. Und im Labyrinth-Kindermuseum in Berlin haben die Kleinen ein eigenes Spielhaus gebaut, mit einem so niedrigen Eingang, dass nur Kinder durch passen. Das twittert das Museumsportal Berlin. Veranstaltungen für die kleinsten Mitbürger findet auch im Jüdischen Museum statt. Gleichzeitig sollen die Besucher auch im Internet aktiv werden: Rätsel rund um's Museum wollen gelöst werden, so etwa die Frage, um was es sich bei der seltsamen ledernden Mütze mit Schnabel und Augenlöchern handelt, getwittert vom DHM. In der Ausstellung West-Berlin kann derweil ein Blick in die Gästebücher geworfen werden.

Alles für die Familie

Besonders aktiv sind die Museen am Freitag, wo es um Familienangebote geht. Unter dem Hashtag #familyMW werden die Ferienprogramme vorgestellt: In verschiedenen Workshops können die Kinder selbst basteln und entdecken. Das DHM bietet am Familiensonntag spezielle Führungen, sowie die Ausrichtung von Kindergeburtstagen an. Im Jüdischen Museum werden das Geburtstagskind und seine Freunde spielerisch mit der Architektur des Libeskindbaus vertraut gemacht und anschließend zum Basteln eines eigenen "verrückten" Hauses eingeladen. Tierisch wird's in der WEST-Berlin-Ausstellung: Hier ist der Berliner Bär, das Wappentier der Hauptstadt, mit Nachwuchs zu sehen - natürlich ausgestopft. Und das DDR-Museum präsentiert sich mit einem zwinkernden Auge: "Keine Lust auf Familie?", fragt es, untermalt mit dem Foto einer Schachtel "Mondos" , wie Kondome in der DDR genannt wurden.

Wertvolle Tips sind über die Museumsdienste zu bekommen, etwa zum freien Eintritt für Kinder unter 18 Jahren oder zu den speziellen Museumsführern für Kinder und Jugendliche in Form von kleinen bebilderten Geschichten, die es in den meisten Berliner Ausstellungshäusern zu erwerben gibt, darunter das Bode Museum, das Naturkunde Museum, die Berlinische Galerie, das Jüdische und das Ägyptische Museum.

Auffällig: Das Computerspielemuseum beteiligt sich erst seit Freitag an der Museumswoche, auch mit einem Angebot zu Kindergeburtstagen.

So viele Selfies

Samstag und Sonntag gehören den Selfies. Ob unter #favMW oder #poseMW: Die Besucher sind an beiden Tagen aufgefordert Fotos ihrer Lieblingsausstellungsstücke online zu stellen, die dann von den Museen retweetet werden. Die entstandenen Bilder reichen vom alten Trabi im DDR-Museum, über Martin Luther Kings Reformschriften im DHM bis zu dem ausgestopften Pandabären TienTien in der WEST-Berlin-Ausstellung. Letzterer ist übrigens auch der Favorit vom Generaldirektor des Stadtmuseums. Interessante Einblicke liefert darüber hinaus das Museumsportal mit seiner Empfehlung des Museums der Dinge in Berlin. Gegen eine Spende kann dort für ein Jahr eine Pflegepatenschaft für eines der Ausstellungsobjekte übernommen werden. Im Gegenzug wird ein so genannter Pflegepass ausgestellt, der zum freien Eintritt berechtigt. Einmal im Jahr findet außerdem eine Veranstaltung für alle Pfleger statt. Pflichten sind mit der symbolischen Patenschaft nicht verbunden. Das fröhliche Zwitschern endet gutgelaunt und optimistisch: Die Museen danken ihren Fotografen und Besuchern. Jetzt ist nur noch auf das Resultat zu warten: Bekommen die Museen durch die Twitter-Aktion in Zukunft tatsächlich mehr Besucher?

Marie Stumpf

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