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Kultur: Vorschau: All That Jazz

Wynton Marsalis hat seine Spuren hinterlassen. Ein Pech für all jene, die es in der Marsalis-Woche nicht in den Jazzclub A-Trane geschafft haben.

Wynton Marsalis hat seine Spuren hinterlassen. Ein Pech für all jene, die es in der Marsalis-Woche nicht in den Jazzclub A-Trane geschafft haben. Denn dort jammte der weltweit erfolgreichste Jazztrompeter im Anschluss an die Philharmonie-Konzerte Nacht für Nacht mit Schlagzeuger Herlin Riley, Mitgliedern des Lincoln Center Jazz Orchestras und Berliner Musikern. Zum Abschluss seiner überaus erfolgreichen Deutschlandtournee kam Marsalis für Berliner Verhältnisse so auf ganz ungewohnte Art "Back To Basics". Ist doch gerade in dieser Stadt der geteilten Erinnerung die Marsalis-Wahrnehmung immer etwas verzerrt gewesen durch eine verständliche Aufgeregtheit über das, was dieser Mann sich über schwarze Musik so zu sagen traut.

Viel geredet wird zurzeit auch über den Roten Bereich. Sie erinnern sich, das ist das Trio mit Gitarre, Bassklarinette und Schlagzeug und selbst komponierten Stücken, die meist kurz sind und etwas blöde Titel haben. Die neue CD heisst "Love Me Tender" und während die nun zum Kauf bereit steht, sind zwei Drittel des Roten Bereichs gerade mit zwei weiteren spannenden Projekte der Berliner Szene unterwegs. Ab heute ist Das Rosa Rauschen auf Berliner Clubtournee, und da spielt der Schlagzeuger des Roten Bereichs, John Schröder, was er nach Ansicht vieler ohnehin noch besser kann: Gitarre. Rosa Rauschen ist das Quartett des Saxofonisten Felix Wahnschaffe und es kommt, wie der Rote Bereich auch, dem Spukbild eines Berliner Sounds schon ziemlich nahe: gitarrengeprägt, abrupt und künstlerisch wertvoll. Das Rosa Rauschen spielt heute Abend im A-Trane, morgen im b-flat und Dienstag in der Junction Bar.

Der andere vom Roten Bereich heißt Rudi Mahall. Wolfram Knauer, der Leiter des Jazzinstituts Darmstadt, hat einmal behauptet, dass der aus Nürnberg stammende Bassklarinettist Mahall keine Themen spielen könne, sondern dass er sie umspielt, tastet, kurvt und streckt. Dass er eben genau das drauf hat, was im Jazz so rar und wichtig ist: Mahall klingt wie Mahall. Er tritt mit der Pianistin Aki Takase am Dienstag im b-flat auf, die Musik von Eric Dolphy steht auf den Notenblättern (Beginn 21 Uhr).

Bei den letzten veröffentlichten Aufnahmen von Charlie Hadens Liberation Music Orchestra, vor zwölf Jahren beim Jazzfestival in Montreal mitgeschnitten, war auch die Pianistin Geri Allen dabei. Allen, verheiratet mit dem Trompeter Wallace Roney und Mutter von drei Kindern, sorgte Mitte der neunziger Jahre für eine Folge feiner Provokationen. Sie wurde die Pianistin des Ornette Coleman Quartetts, das vorher über drei Jahrzehnte pianolos musiziert hatte. Und auf ihrer letzten Aufnahme für das Blue Note Label, "Eyes In The Back Of Your Head", machte sie die Sensation perfekt: nach zig Jahren war Ornette Coleman nun wieder auf einer Blue Note Platte zu hören und das auch noch in der für ihn ungewohnten Rolle des Gaststars. Markthistorisch gesehen fand "Eyes In The Back Of Your Head" allerdings kaum statt, und so wechselte die brillante Pianistin guter Dinge zur Konkurrenz. Doch war ihr Debüt beim Verve-Label, "The Gathering", nur von kurzer Dauer, da sie dort schließlich Opfer einer hauseigenen Entlassungswelle wurde: Die neustrukturierte Verve Music Group reduzierte ihren Künstlerstamm um die Hälfte. Geri Allen macht bezaubernde Musik, die sich zum schnellen Hören und Kaufen eher nicht eignet. Bei ihrem Konzert am Donnerstag im Quasimodo wird sie das Bass / Drum Dream Team der New Yorker Szene, Billy und Mark Johnson begleiten (Beginn 22 Uhr).

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