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Kultur: Wanja 2.0

„Diamanten sind Kohle auf Arbeit“ an der Volksbühne

„Hoffnung ist nur ein Mangel an Wissen“, konstatiert Telegin aus Tschechows „Onkel Wanja“ frei nach Heiner Müller. „Pessimismus ist nur ein Mangel an Munition“ hat der Liedermacher Marc-Uwe Kling noch freier daraus gemacht. An Munition mangelt es Onkel Wanja (Tobias Lehmann) jedenfalls nicht. Trotzdem hat er es auch in Pawel Dimirskis „Onkel Wanja“-Fortsetzung „Diamanten sind Kohle auf Arbeit“ im 3. Stock der Volksbühne immer noch nicht geschafft, den Professor zu erschießen.

So weit ist am Anfang also alles so, wie es vor gut hundert Jahren endete. Nur Sonja (Anne Ratte-Polle) ist auf einmal gar nicht mehr das bescheidene Töchterchen: Im pinken Tutu stöckelt sie über die Bühne und will gar das Anwesen verkaufen, um sich ein Jetset-Leben zu finanzieren, „damit ich keine Zeit mehr habe“. Dimirskis Personen sind nicht nur im Neoliberalismus angekommen, sie bekämpfen ihre Frustration auch mit modernen Mitteln. Der herrlich schmierige Telegin (Axel Werner) bietet Wanja zeitgemäße Hilfe an: „Es gibt kein Problem, dem ich mich nicht pharmakologisch stellen würde“. Nach anderthalb Stunden mit Spielfreude und Wodka gefeierter Russendisko ist alles wieder beim Alten - der unsichtbare Ausbeuter ist zwar schon lange tot, von Revolution aber keine Spur. Vielleicht sollte man in hundert Jahren noch mal vorbeischauen. Nantke Garrelts

Wieder am 31. Mai sowie am 8., 9. Juni

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