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Kultur: Warum ein Mann keine Flügel haben kann

Von Alfian Bin Sa’at

Weil er auf dem Kopf bruchlanden wird, in der Annahme,

Er sei das stärkste Körperteil.

Weil jemand ein Schild aufstellen wird, da steht:

Betreten der Zirruswolken verboten.

Weil ein Mann sich nicht erst Hunderte Schritte über den

Meeresspiegel erheben muss, um Verachtung zu lernen.

Weil es ganz neue Behinderungen geben wird: O-Flügel,

Straußenkrankheit, schuppige Federn, Kreiselflugsyndrom,

Oder im Gruselkabinett: Das Sagenhafte Flügellose Wunderwesen.

Weil er eine neue Waffe haben wird, die Schwerkraft,

Und alles, was er fallen lässt, wird zum Geschoß,

Sogar Glasmurmeln, Bücher, die tödliche Musikbox.

Weil er schon einsam genug ist, auch ohne dass er

Sein Heim zwischen Daumen und Zeigefinger fassen kann.

Weil der Himmel dann den metaphorischen Frieden verliert

Und nur ein neuer Lastpfad seiner Sorgen ist.

Weil eine Selbstmordart beliebt sein wird:

In fremden Luftraum fliegen und sich abschießen lassen;

Die Nasenspitze reicht, schon wird ein unsichtbarer blauer Knopf gedrückt

Weil jeder Tod in den Lüften, jeder komische Kometensturz

Die Wiederaufführung des Sündenfalls ist.

Weil Menschen in Konzentrationslagern Flügel brechen werden

Und mit den Federn Sonette schreiben

Und Kissen füllen für unschuldige Träume.

Weil er dann weniger zu phantasieren hat, weniger Wunder,

Und das Wort „Levitation“ nicht existiert.

Weil es Kinder geben wird, die sich entleeren,

Von Wolken verborgen, um gelben Schnee zu machen.

Und weil ihm die irrige Ahnung entstehen kann, er sei dichter

Am Himmelreich, dabei hat er sich nicht einmal auf eine Meile

Den Engelwesen genähert, obwohl es so scheinen mag.

Aus dem Englischen von Olaf Schenk

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