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Was machen wir heute?: Alles selber

Wie eine West-Berlinerin die Stadt erleben kann

Selber machen sei der neue Trend, las ich kürzlich irgendwo: reparieren, ausbessern, umarbeiten, Schere, Faden, Stoff, Säge, Klebe, nicht immer kaufenkaufenkaufen, nein. Ich war sofort elektrisiert. Das wollte ich auch. Ich schleppte meinen Werkzeugkoffer aus dem Keller in die Wohnung und sah mich um.

In einer dunklen Ecke entdeckte ich ein wackeliges Tischlein, das aussah, als könne es ein guter Nachttisch sein, wenn nur die Beine kürzer wären. Ich nahm ein Zentimetermaß und vermaß, dann sägte ich, dass die Späne nur so flogen, und als ich fertig war, gab das wackelige Tischchen auf und fiel auseinander. Ich stapelte seine Reste übereinander und schob sie neben das Bett. Sah auch gut aus!

Beschwingt riss ich die Schranktür auf und eine alte Jeans heraus. Aus der würde ich mit wenigen Handgriffen einen tollen Rock fertigen! Ich trennte die Hosenbeine auf, dann verließ mich die Lust und ich saugte die Fussel weg. Dann hievte ich mein Fahrrad in die Wohnung, dem das Tausalz ziemlich zusetzt. Rostrot die Kette, ein einziges Quietschen ist das. Ich ölte und polierte. Dabei entdeckte ich hinter der Tür ein Stück zusammengerollten Restteppich. Daraus bastele ich eine Fußmatte fürs Auto, dachte ich und griff zum Teppichmesser. Die Matte ist ein bisschen schief und an den Rändern franst sie aus, aber egal. Als ich die Reste in die Mülleimer auf dem Hof entsorgen wollte, fiel mir auf, dass in der dicken Sohle meines Trekkingschuhs ein Loch klaffte. Ein Fall von dringlichster Reparaturbedürftigkeit! Ich griff zur revolverartigen Silikonpastenrauspresskonstruktion, stopfte deren Spitze in das Sohlenloch und drückte ab. Ich drückte und drückte, dann stellte ich den Schuh auf die Heizung. Am nächsten Tag spürte ich unter dem Fußballen eine Erhebung. Das Loch war zu, aber jetzt war der Platz im Schuh knapp. Egal!, dachte ich und humpelte durch den Wohnungsflur. Hauptsache alles selbst gemacht! Mit hochnäsiger Miene schob ich „Axolotl Roadkill“ vom Nachttisch.

Die Hose zum Rock gemacht, siehe: www.youtube.com/watch?v=Hy2c5Jd2EII

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