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Was machen wir heute?: Das Leben wenden

Der Mai ist gekommen, und wir werden mal ein bisschen romantisch. Weil es unsereinem wieder vergönnt ist, die Knospen knallen zu hören.

Der Mai ist gekommen, und wir werden mal ein bisschen romantisch. Weil es unsereinem wieder vergönnt ist, die Knospen knallen zu hören. Weil man das Schluchzen der Nachtigall genießt wie das Quaken der Frösche am Teich, weil ich mich am satten Grün in Nachbars Garten ergötze und an der lauen Luft beim Sonnenuntergang. Am Sprachgewirr in der Stadt, an Hektik und Stille. Man schmeckt wieder das Leben in Leichtigkeit und Fülle – wie lange noch?

Diese Frage stellen wir uns frühestens, wenn man „in Rente“ geht. „Leb’, als wolltest du täglich sterben! Schaff’, als wolltest du ewig leben!“ sagt ein Sprichwort. Doch bevor sich ankündigt, was nicht in unseren Händen liegt, erinnern wir uns an diverse Wendepunkte im Leben: Welche Rolle spielte das Glück des Zufalls, als man den Beruf gewählt hat? Wie ist man mit Schicksalsschlägen umgegangen? Wie war das nach der Scheidung, diese Leere und diese Lehre? Ich hab mal überlegt, was Leuten, die heute über 70 sind, hinter sich haben: Mir hat der Lehrer noch mit dem Rohrstock auf die Finger gehauen, man musste mit erhobenem Arm auf dem Schulhof stehen, bis die Fahne am Mast flatterte, dann marschierten erst die Amis, dann die Russen als Sieger ein. Man erlebte das Ausbluten eines Teil-Landes, den Mauerbau, die Propagandawalzen Kalter Krieger, Arroganz der Macht, schließlich die Freude über neue Freiheiten und das Los jener, die unverschuldet unter die Räder der neuen Zeiten geraten sind.

Ich zähle drei Systeme zusammen, die ich erlebt hat – aber es gab ja noch viel mehr Gründe, sich neuen Gegebenheiten anzupassen. „Nicht selten werden Lebenswenden durch Krisen herbeigeführt“, sagt der renommierte Psychiater und Autor („Die Zweierbeziehung“) Prof. Dr. Jürg Willi. In einem Vortrag an der Urania will er zeigen, wie die Erlebnisse nicht gradlinig verlaufender Biographien auch als Chance zu begreifen sind. Das könnte spannend werden. Lothar Heinke

„Wendepunkte im Lebenslauf“ , Montag, 5. Mai, 19.30, An der Urania 17, Eintritt 5 Euro.

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