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Was machen wir heute?: Den falschen Riecher haben

Als ich ein kleiner Junge war und heiße Meldungen für die Schülerzeitung tippte, sagte ein Lehrer: Hör zu, schreibe nie über dich, formuliere nie „ich“, sondern immer „wir“. Bis heute haben wir uns an diesen Ratschlag gehalten, aber nun, auf unsere alten Tage, spürest du kaum einen Hauch von Bescheidenheit im Blätterwald: Das unbestimmte „wir“ ist out, das Egomanische hat längst die Meinungsbühne erobert, der gute Kolumnist streut soviel Ichs wie möglich ins leckere Buchstabensüppchen: ich, ich, ich.

Als ich ein kleiner Junge war und heiße Meldungen für die Schülerzeitung tippte, sagte ein Lehrer: Hör zu, schreibe nie über dich, formuliere nie „ich“, sondern immer „wir“. Bis heute haben wir uns an diesen Ratschlag gehalten, aber nun, auf unsere alten Tage, spürest du kaum einen Hauch von Bescheidenheit im Blätterwald: Das unbestimmte „wir“ ist out, das Egomanische hat längst die Meinungsbühne erobert, der gute Kolumnist streut soviel Ichs wie möglich ins leckere Buchstabensüppchen: ich, ich, ich.

Unter diesen Umständen gestatte ich mir, Ihnen hier meine aktuelle Zustandsbeschreibung näher zu bringen, aber Vorsicht! Ich sitze hier und kann nicht anders als Niesen. Mein Niesenregen besprüht die Umwelt, Kollegen murren („soll der seine Bazillen woanders lassen“), während sich schon der nächste Hustenanfall durch unbezähmbares Grrrollen im Rachenraum ankündigt. Die Taschentücherindustriemaschinen laufen mit meiner Nase um die Wette, wir zerschneiden schon Bettlaken in Quadrate, und letztens kam meine Frau auf die Idee, mir diese Tropfenfänger für Kaffeekannen unter die Nase zu binden. Als ich den Arzt frage, wie lange das noch gehen soll mit dem Urquell aus meiner Nase, höre ich: „Der Mensch besteht zu 80 Prozent aus Wasser“. „Ich auch?“ spricht meine Ungläubigkeit. „Ja“, antwortet er, „da kann noch einiges kommen“.

Was soll ich nun tun? Überall Schniefen, Bazillchen fliegen durch Zeit, Raum, Bahn und Bus, man kann sich nicht mal aussuchen, von wem man angesteckt werden möchte; hatschi!. In meiner Not nehme ich die Apotheken-Umschau, 122 Seiten Grusel, und siehe, man hat die Wahl aus 47 Mittelchen, mit denen unsere erfinderischen Tablettenonkel meiner Erkältung den Garaus machen wollen, ebenso hochwirksam wie das pharmazeutische Preisgefüge. „Am besten sind alte Hausmittel“, sagt der Doktor, „im Zweifel Oma fragen“. Oma, wo bist du? Lothar Heinke

Apotheken-Umschau, Zentralorgan des Gesundheitswesens, alle 14 Tage neu.

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