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Was machen wir heute?: Den Punk spüren

Der Freund einer Freundin einer Freundin spielt in einer Punkband. Heute treten sie im „Trickster“ auf, und obwohl die Freundin der Freundin sagt, es sei noch gar nicht klar, dass der Freund jetzt ihr Freund ist, gehen sie, die Freundin und der West-Berliner da natürlich hin.

Der Freund einer Freundin einer Freundin spielt in einer Punkband. Heute treten sie im „Trickster“ auf, und obwohl die Freundin der Freundin sagt, es sei noch gar nicht klar, dass der Freund jetzt ihr Freund ist, gehen sie, die Freundin und der West-Berliner da natürlich hin.

Der „Trickster“ ist ein Keller in Kreuzberg, gleich am Schlesischen Tor, und der West-Berliner verbindet viele schöne Erinnerungen damit. Im Vorderhaus war er mal auf einer Party in einer ehemaligen Schraubenfabrik, trank Beck’s zwischen gewaltigen Stahlfedern und fühlte sich wie in Mitte – damals war Mitte noch cool, unaufgeräumt und voller illegaler Clubs, zusammengebastelt aus Sperrmüll und Charme. Und so ist heute auch wieder der „Trickster“. Der West-Berliner hat hier Pogo getanzt, Mädchen geknutscht, auf speckigen Polstern die Nacht verquatscht oder verschrobenen französischen Elektro-Pop-Punk-Gruppen zugehört. Der Wahlspruch des Ladens lautet: „Die Welt ist nicht gut; wir sind gut.“

Folglich – ist auch der Zweck mal wirklich gut, dem dieses Soli-Konzert dient. Nicht um die Gefangenen irgendeiner Bewegung geht es, nicht um Tibet oder Tierschutz. Die „Trickster“-Leute wollen nur die Miete für ihren Keller weiterzahlen können. Gut auch: Die Preise sind äußerst korrekt. Zwei Euro Eintritt, ein Euro das Bier.

Die Band des Freundes oder Noch-Nicht-Freundes der Freundin der Freundin heißt „Jimmy Pistole“, sie dreschen ein Lied, dessen Refrain den Sinn ihres Da-Seins (nämlich im „Trickster“) ebenso gültig beschreibt wie die Quintessenz unser aller Daseins (auf der Welt): „You have to pay!“ Jawoll, das ist Punk. Vielleicht ist sogar auch noch Punk, dass der Gitarrist Flip- Flops trägt. Eine ausgemachte Weltpremiere aber dürfte es sein, dass diese Punkband die Besucher darum bittet, keinen Pogo zu tanzen.

Der Freund oder so der Freundin der Freundin erklärt später bündig: „Punk ist eben auch Pop!“ Das, denkt der West-Berliner vergnügt, wurde in West-Berlin dereinst noch entschieden anders gesehen. Holger Wild

Trickster, Oberbaumstraße 11. Informationen unter http://urstrom.de/trickster

Holger Wild

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