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Was machen wir heute?: Der Bundeswehr nacheifern

Wie eine Mutter die Stadt erleben kann - den militärischen Drill erproben und scheitern.

Die Bundeswehr ist ja ein bisschen ins Gerede gekommen, Ekelrituale und so weiter, aber mich ficht das nicht an. Ich bin ein Fan des Militärs. Mir gefällt die Vorstellung, dass ein Mensch etwas sagt – „Strammgestanden!“ – und die anderen das dann auch sofort tun. Bei uns zu Hause ist das nämlich nicht so. Zwar gibt es auch bei uns einen Feldwebel, der Befehle bellt – mich –, aber die Rekruten meiner Einheit hängen schlaff auf dem Sofa und gucken Youtube, sie zeichnen Comics oder dreschen auf den Boxsack ein. Jedenfalls beachten sie mich nicht. Höfliche Bitten verhallen im Nirvana, mit Nachdruck gesprochene Aufforderungen werden ignoriert. „Aufgeräumt!“, brülle ich irgendwann entnervt, „Hausaufgaben gemacht!“, „Umgezogen!“, „Ranzen gepackt!“. Einzige Reaktion: „Jetzt nicht! Wir sind gerade sooo schön im Spiel!“

Es mangelt nicht nur an Gehorsam, es mangelt an Gehörsinn. Meine Kinder sind taub! Vor allem vor dem Zubettgehen und tagsüber vor dem Aufräumen. In meiner Not greife ich auf die klassischen Sätze aus dem Arsenal frustrierter Eltern zurück. „Wo habt ihr eure Ohren?“, höre ich mich sagen, „Habt ihr mich gehööört?“, „Wie oft muss ich das noch sagen?“, oder, mit tiefer Stimme und schneidend wie ein General: „Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?“ Mal mit Erfolg, meist ohne. Ich warte auf 2018, wenn ich die Jungs zur Bundeswehr schicken kann.

Immerhin, einen kleinen Einfluss habe ich doch, zumindest auf den älteren Rekruten. Den hörte ich kürzlich, wie er dem kleineren Bruder auftrug, einen Boxhandschuh zu holen. „Wo hast du deine Ohren?“, bellte er, als der Kleine nicht sofort spurte. „Wie oft soll ich dir das noch sagen?“ Und mit drohendem Unterton: „Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?“ Und siehe, der Kleine rannte los, der Feldwebel-Nachwuchs lehnte sich befriedigt zurück und ich wurde bundeswehrgrün vor Neid.

Feriencamps in der Natur können möglicherweise den Gehörsinn von Kindern schärfen, z. B. das Frühlingscamp der Pyramide Teufelssee in den Osterferien (www.pyramide-teufelssee.de).

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