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Was machen wir heute?: Die Geisterstunde aufheben

Als Kind hatte ich einmal das Glück, die Halloween-Zeit in Amerika zu erleben. Seitdem hege ich für das Fest der gruseligen Geister warme, ja zärtliche Gefühle.

Als Kind hatte ich einmal das Glück, die Halloween-Zeit in Amerika zu erleben. Seitdem hege ich für das Fest der gruseligen Geister warme, ja zärtliche Gefühle. Jeder flackernde Kürbiskopf macht mich glücklich, jeder bluttriefende Vampir streichelt meine Seele. Kommerz hin, Amerikanisierung her: Dass das Lieblingsfest meiner Kindheit sich jetzt auch in Deutschland etabliert hat, erfüllt mich mit tiefer Befriedigung.

Am Halloween-Abend sind wir natürlich losgezogen, Timmy mit schauriger Totenkopfmaske und einem befreundeten Vampir an seiner Seite, Lucas marschierte klein, weiß und gespenstisch zwischen Mama und Papa. Kamen wir an einem Laden vorbei, stürmte das Gespenst hinein und brüllte seine ganz persönliche Drohung: „Süß oder – SAFTIG!“ Starr vor Entsetzen rückten die Gewerbetreibenden ihre Vorräte raus. „Die haben Angst!“, kicherte das Gespenst hochzufrieden. Voll beladen kehrten wir heim.

Danach allerdings war uns unheimlich zumute. „Gibt es auch einen bösen Gott? Oder nur den lieben?“ fragte Lucas besorgt. Interessehalber erkundigte ich mich, wo sich denn seiner Meinung nach der liebe Gott befinde. „Der kann fliegen, im Weltraum“, sagte er. „Der fliegt immer um die Erde rum und sieht alles“, präzisierte Timmy, der schon zwei Jahre Religionsunterricht hinter sich hat. Gruselige Vorstellung! Wir rückten näher zusammen. Um die Kinder von ihren düsteren Gedanken abzulenken, erklärte ich zum wiederholten Mal, wieso es neuerdings so früh dunkel wird. „Ist denn für die Geister jetzt auch die Zeit umgestellt?“ fragte Timmy. Ja, sagte ich, durch die Zeitumstellung sei die herkömmliche Geisterstunde ersatzlos weggefallen. Da waren meine Kinder froh und schlummerten süß und selig, wie zwei Werwölfchen. Dorothee Nolte

Wer das heidnische Halloween verpasst hat oder nicht mag, kann sich aufs christliche Laternenfest freuen. Z.B. Sankt-Martins-Zug von der katholischen Sankt-Ludwigskirche zur evangelischen Gemeinde am Hohenzollernplatz am Sonntag, Beginn 17 Uhr.

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