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Was machen wir heute?: Drauffahren

Mein erster Autounfall, vorgestern, ich meine, mich trifft keine Schuld: Ich stand an der Ampel, mir fuhr hinten einer rein, ganz sanft. Er sagt, ich sei ihm rückwärts reingerollt.

Von David Ensikat

Mein erster Autounfall, vorgestern, ich meine, mich trifft keine Schuld: Ich stand an der Ampel, mir fuhr hinten einer rein, ganz sanft. Er sagt, ich sei ihm rückwärts reingerollt. Dabei rolle ich an Ampeln prinzipiell nicht rückwärts, ich hatte einen strengen Fahrlehrer, der hat mir das verboten.

Der Aufprall war mehr ein Aneinanderschmiegen, meine Stoßstange an sein Nummernschild, Hallenser Kennzeichen. Ich schlug vor, beiseite zu fahren, zu gucken, ob da was Schlimmes sei. Das lehnte der Reinfahrer barsch ab mit der Begründung, seins sei ein Firmenauto. Wir müssten sofort die Polizei rufen und dürften uns nicht von der Stelle rühren. Er zog sich eine orangefarbige Müllmannweste über, und stellte ein Warndreieck hundert Meter hinter seinem Auto auf. Dahinter entstand sofort ein Stau. Ich rief gehorsam die Polizei an. Auch der Polizist am Telefon war eher von der strengen Sorte: „Warschauer Straße Ecke Helsingforser? Hab ick hier nich. Jib’s janich.“ Nach einer halben Stunde haben seine Kollegen uns dennoch gefunden, an der Warschauer Straße, Ecke Helsingforser. Sie waren ebenfalls streng: „So, jetz’ räum’ wa erstma’ die Unfallstelle. Bei Bagatellschäden ist immer zuerst die Unfallstelle zu räum’, damit der Verkehr nich’ behindert wird!“ Der Drauffahrer mit der Müllmannjacke sagte, dass es sich doch um einen Firmenwagen handele. Die Polizei erwiderte: „Bagatellscha’n is’ Bagatellscha’n. Da is’ dit Auto ejal.“

Wir räumten die Unfallstelle und hatten nun einen schönen freien Blick auf meine Stoßstange und sein Nummernschild. Da war keine Beule, kein Kratzer, gar nichts. Streng genommen nicht mal ein Bagatellschaden. Aber wenn die Polizei schon mal da ist, ist sie da. „Fahrzeugpapiere, Führerschein bitt’schön …“ Das war jetzt für den Drauffahrer dumm: Seine Papiere habe er leider in Halle vergessen. Das tat wiederum der Polizei leid: „Da könn’se leider nich’ weiterfahr’n.“ Die Schuldfrage, sagten die Polizisten, müsse ein Gericht klären. David Ensikat

Lassen Sie das Auto stehen, fahren Sie mit der BVG.

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