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Was machen wir heute?: Nicht im Kino essen

Einmal im Jahr ist Fantasyfilmfest. Genaugenommen handelt es sich um ein Horror- und Gewaltfilmfest, aber das klingt nicht so förderungswürdig.

Einmal im Jahr ist Fantasyfilmfest. Genaugenommen handelt es sich um ein Horror- und Gewaltfilmfest, aber das klingt nicht so förderungswürdig. An diesen neun Tagen sitze ich täglich im Kino, um mir die Originalversionen von fiesen Filmen aus allen Erdteilen anzusehen. Leider wird mir dabei wieder ins Gedächtnis gerufen, dass es zwei Arten von Menschen gibt: zartfühlende und solche, die im Kino essen. Manche führen nur ein harmloses Röllchen Stapelchips mit sich, andere die XXL-Tüte Popcorn, manche wuchten Einkaufstüten neben sich auf den Sitz, um während der Vorführung Erdnüsse, Weingummi, Schokolade, Mäusespeck und Tupperdosen mit Eiersalat daraus hervor zu holen. Mir ist schlecht, bevor die ersten Eingeweide über die Leinwand fliegen.

Ich weiß, wenn ich jetzt etwas sage, um dem Schmatzen, Kauen und Rascheln Einhalt zu gebieten, wird man mir sagen: Stell dich nicht so an, Faschist, wir sind hier im Kino. Und auch manche Leserin und mancher Leser wird sich denken: Aber Kino und Popcorn - das gehört doch zusammen. Dagegen ist schwer etwas zu sagen. Es gibt eben Dinge, die zusammen gehören: Schwimmen im Hallenbad und Urinieren im Hallenbad, zum Beispiel. Auch gemütliches Pfurzen in geschlossenen Zugabteilen oder im Theater sitzen und einen Döner aus der Alufolie wickeln. Auf der Leinwand wird ein Kind erwürgt, neben mir beißt jemand in ein Milky Way. Das Taco-Pärchen hält in seinem Fütterungsritus kurz inne, dann greifen beide wieder gedankenverloren ins Schälchen. Mein inneres Kind rollt sich derweil zusammen und weint bitterlich. Stumpf ist der Mensch, widerlich die Welt.

Einige Leichen später, der Film ist aus, fühle ich soliden Appetit. Es ist höchste Zeit etwas zu essen. Indes: es gilt ein Zeichen gegen den Dumpf-Mampf zu setzen. Für den Preis einer XXL-Tüte Puffmais lasse ich mir ein einfallsreiches, nahrhaftes und sehr leckeres Gericht servieren. Anselm Neft

Toca Rouge, Torstraße 195, Mo-Fr 12-24 h, Sa-So17-24h, Tel. 84 71 21 4

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