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Was machen wir heute?: Public Viewing im Schuhgeschäft

Unser Sohn brauchte Schuhe. „Wir gehen zusammen“, entschied meine Frau, die solche gemeinsamen Einkaufstouren sehr schätzt.

Von Andreas Austilat

Unser Sohn brauchte Schuhe. „Wir gehen zusammen“, entschied meine Frau, die solche gemeinsamen Einkaufstouren sehr schätzt. Ich nicht so. „Schön“, log ich trotzdem, „Samstag.“

Das war vor zwei Wochen. Zu viert – unsere Tochter kam mit – betraten wir also ein großes Sportgeschäft in einem Steglitzer Einkaufszentrum. Der Junge trägt ausschließlich Sportschuhe.

Drinnen bemerkte ich sofort den großen Flachbildschirm. Keine fünf Meter vom Kassentresen entfernt hing er an der Wand, davor fünf, sechs Hocker. Auf dem Schirm lief Premiere, Fußball-Bundesliga. „Ich geh mal da rüber“, sagte ich beiläufig, nachdem ich pflichtgemäß ein paar Schuhe betrachtet hatte, die im Grunde alle gleich aussahen. Was soll ich zu Sportschuhen schon groß sagen? Mein Sohn sucht sich seine sowieso selbst aus.

Ich setzte mich also auf einen der Hocker. Merkwürdig, sie waren alle frei. Gefühlte fünf Minuten später saß der Junge neben mir. Frau und Tochter wollten einen Laden weiter noch ein bisschen bummeln. „Meinst du, man darf hier einfach so sitzen“, fragte er. „Klar“, sagte ich, und guckte aus den Augenwinkeln zum Kassierer rüber, von dem ich nicht ganz sicher war, ob er uns seinerseits beobachtete. „Wir sind doch Kunden“, sagte ich, griff die Tüte mit den neuen Schuhen und legte sie mir demonstrativ auf den Schoß. Der Junge rückte mit seinem Hocker ein wenig näher. Irgendwie war so eine einvernehmliche Vertrautheit zwischen uns. Toll. Bei einem Sohn in der Pubertät ist das ja nicht selbstverständlich. Die Runde war inzwischen übrigens deutlich größer geworden.

Bremen schoss gegen Bayern das 3:0, ich riss den Arm hoch, den Jubelschrei konnte ich gerade noch unterdrücken. „Du bist sicher, wir dürfen hierbleiben“, fragte der Junge noch mal. „Natürlich“, und mit Blick auf den Kassierer und lauter als nötig fügte ich hinzu, „wo mag die Mama sein.“ Dabei reckte ich den Kopf, als ob ich mich suchend im Laden umsehen würde. Fast hätte ich das 4:0 verpasst.

Wir blieben bis zum Schluss. Von mir aus können wir jetzt jeden Samstag Schuhe kaufen gehen. Andreas Austilat

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